EU-Kommission diskutiert Zuständigkeit für Asylverfahren
Archivmeldung vom 05.04.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn der Brüsseler EU-Kommission gibt es konkrete Überlegungen, die Entscheidung über Asylverfahren künftig nicht mehr den einzelnen Mitgliedsländern zu überlassen, sondern in europäische Hände zu legen. Dies berichtet die "Welt" unter Berufung auf eine neue Mitteilung der EU-Kommission mit dem Titel "Reform des europäischen Asylsystems und Stärkung legaler Wege nach Europa".
Die Mitteilung, die der "Welt" vorliegt, soll an diesem Mittwoch (6. April) veröffentlicht werden. In der Mitteilung heißt es wörtlich, es könne überlegt werden, "die Verantwortung für die Bearbeitung von Asylansprüchen von der nationalen Ebene auf EU-Ebene zu verlegen".
Konkret schlägt die EU-Kommission dazu vor, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) von einer einfachen EU-Agentur in eine Agentur mit Entscheidungsbefugnissen umzuwandeln, die in jedem Land künftig einen Ableger haben soll und die auch Einsprüche gegen die jeweiligen Bescheide bearbeiten wird. "Dies würde einen einzigen und zentralisierten Entscheidungsmechanismus schaffen und würde so die komplette Harmonisierung der Verfahren, aber auch der konsistenten Beurteilung von Schutzbedürfnissen auf EU-Ebene sichern", heißt es dazu in der Mitteilung.
In ihrem Dokument kritisiert die Kommissionsbehörde das bestehende System zur Verteilung von Flüchtlingen in der EU (Dublin-System) scharf: "Das Dublin-System war nicht dazu geschaffen eine nachhaltige Teilung von Verantwortung für Asylsuchende sicher zustellen in der EU. Das ist ein Versäumnis, das in der aktuellen Krise deutlich geworden ist".
Insbesondere kritisiert die EU-Kommission: "Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass insbesondere in Situationen des Massenzustroms entlang spezifischer Migrationsrouten das vorhandene System die gesetzliche Verantwortung für die Mehrheit der Asylsuchenden einer begrenzten Zahl von Mitgliedsländern aufbürdet. Das ist eine Situation, die die Möglichkeiten eines jeden betroffenen Staates strapaziert".
Die EU-Kommission schlägt grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten zur Revision des Asylsystems vor. Der ersten Option zufolge soll das bestehende Dublin-System durch einen "korrigierenden Fairness-Mechanismus" ergänzt werden. Wörtlich heißt es dazu: "Bei dieser Option werden die bestehenden Kriterien für die Verteilung von Flüchtlingen im Wesentlichen beibehalten, aber das System wird ergänzt durch einen korrigierenden Fairness-Mechanismus, der auf einem Verteilungsschlüssel basiert, der in bestimmten Situationen Anpassungen bei der Verteilung ermöglicht". Dieser Korrekturmechanismus soll bei einem Massenzustrom von Flüchtlingen ausgelöst werden und zwar immer dann, "sobald eine zuvor definierte Schwelle von Asylbewerber in einem Mitgliedsland erreicht ist". Als zweite Option wird in der Mitteilung vorgeschlagen, die Asylbewerber nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel, der auf "der relativen Größe, dem Reichtum und den Aufnahmekapazitäten der Mitgliedstaaten basiert", auf die einzelnen Länder zu verteilen. "Im Gegensatz zu Option 1 werden die Asylbewerber hierbei direkt auf der Basis eines Verteilungsschlüssels auf die Mitgliedsländer verteilt, wenn sie irgendwo in der EU einen Antrag stellen", heißt es in der Mitteilung.
Hintergrund: Nach dem Dublin-System müssen Flüchtlinge in dem Land einen Asylantrag stellen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben.
Quelle: dts Nachrichtenagentur