Schäuble: Keine Chance für neues Steuerabkommen mit der Schweiz
Archivmeldung vom 04.05.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht keine Chance, das Steuerabkommen mit der Schweiz neu zu verhandeln. Schäuble sagte "Bild am Sonntag": "Als Rechtsstaat kann und wird die Schweiz nicht rückwirkend Gesetze ändern oder das Steuergeheimnis abschaffen. An dieser Frage hat Rot-Grün aber das Abkommen im Bundesrat scheitern lassen, und ich sehe nicht, dass sich die Haltung der Opposition dazu ändert." Mögliche Vereinbarungen zum Informationsaustausch könnten sich nur auf die Zukunft beziehen, so Schäuble.
"Für die Vergangenheit wäre das Abkommen der einzige Weg gewesen. Aber das ist vorbei. Mitsamt den Milliarden, die den ehrlichen Steuerzahlern wegen der Blockade der Opposition verloren gegangen sind." Für Schäuble geht es jetzt um eine europaweite Lösung: "Das Ziel der Bundesregierung ist eine allgemeine Regelung für alle Kapitaleinkünfte mit vollem Informationsaustausch in ganz Europa. Um das zu erreichen, schicke ich nicht die Kavallerie, sondern führe permanent Gespräche mit meinen Amtskollegen aus der Schweiz, Österreich und Luxemburg und den anderen EU-Mitgliedsstaaten." Österreich und Luxemburg würden sich an diesem Informationsaustausch beteiligen, so Schäuble. "Und dann redet die EU darüber mit der Schweiz. Auf diesem Weg für die Zukunft schreiten wir jetzt schnell vorwärts."
Zugleich sprach sich Schäuble dafür aus, bei Steuerhinterziehung ab einer bestimmten Größenordnung eine Strafbefreiung bei einer Selbstanzeige auszuschließen: "Als wir 2010 über eine Verschärfung der Bestimmungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige beraten haben, haben Verfassungsrechtler von einer Abschaffung abgeraten. Deshalb lasse ich jetzt prüfen, ob wir verfassungsrechtlich den Spielraum haben, ab einer bestimmten Größenordnung der Steuerhinterziehung Strafbefreiung auszuschließen. Doch das kann man nicht auf dem Marktplatz verhandeln, wie dies die Opposition in populistischer Art und Weise macht."
Papier kritisiert strafbefreiende Selbstanzeige
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht kritisiert. "Ich habe meine Zweifel, ob diese Bestimmung zur tatsächlichen Steuergleichheit beiträgt", sagte er im Interview der "Welt". Er halte das Instrument der Selbstanzeige "zumindest für reformbedürftig". Es sei verfassungsrechtlich geboten, nach dem Grundsatz der Steuergleichheit vorzugehen. Dazu gehöre eine gleichmäßige tatsächliche Belastung der Steuerbürger. Bei Vorgängen mit Auslandsbezug halte er zwischenstaatliche Vereinbarungen wie ein Steuerabkommen mit der Schweiz für "grundsätzlich unerlässlich", betonte Papier. "Nur sie können ein strukturelles Vollzugsdefizit ausschließen." Daher solle man die völkerrechtliche Vereinbarung auch nutzen.
Besorgt äußerte sich Papier über Verletzungen des Steuergeheimnisses. "In der vorzeitigen Weitergabe höchst persönlicher Daten liegt ein erheblicher Grundrechtseingriff, der nicht gerechtfertigt ist", sagte er. Allen, die in den Behörden tätig seien, müsse man deutlich machen, dass der Bruch des Steuergeheimnisses rechtswidrig sei. Papier betonte: "Unsere Rechtsordnung sieht dafür scharfe Sanktionen vor. Das reicht von der Bestrafung bis hin zu einer Staatshaftung wegen Amtspfichtverletzung, sofern dem Betroffenen ein Schaden entstanden ist."
Quelle: dts Nachrichtenagentur