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Streit um „Brexit“-Referendum: EU spaltet britische Regierung

Archivmeldung vom 29.03.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.03.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: D Smith, on Flickr CC BY-SA 2.0
Bild: D Smith, on Flickr CC BY-SA 2.0

In Großbritannien bahnt sich im Vorfeld des Referendums über den EU-Verbleib des Landes eine politische Krise an, schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Dienstag.

Die deutsche Ausgabe des russischen online Magazins "Sputnik" schreibt weiter: "Obwohl die meisten Regierungsmitglieder, darunter Premier David Cameron, für den Verbleib in der Europäischen Union plädieren, fordern gleich mehrere Minister den Austritt.

Britische Medien bezeichnen die Situation innerhalb der Regierung inzwischen als einen „Bürgerkrieg“. Die Zeitung „The Daily Telegraph“ behauptet beispielsweise unter Berufung auf eigene Quellen, dass Cameron den EU-Skeptikern nicht einmal „Guten Tag“ sage. „Ich denke nicht, dass er versteht, wie er dadurch seiner Partei schadet“, so ein Insider: „Egal wie der Volksentscheid ausgeht: Cameron verursacht eine dermaßen tiefe Spaltung, dass sie nur schwer überwunden werden kann.“ Im Regierungsapparat wurde diese Behauptung jedoch dementiert.

Ende Februar hatte Cameron auf einem EU-Gipfel die Bedingungen eines „Deals“ mit der EU ausgehandelt, der eine Erweiterung der „Sonderrechte“ der Briten vorsieht. Unter anderem dürfen sie zur weiteren EU-Integration auf Distanz gehen, die Probleme mit dem Euro ignorieren sowie die Höhe der Sozialgelder für so genannte „Arbeitsmigranten“ aus den EU-Ländern selbst festlegen. Nachdem der Deal zwischen London und Brüssel vereinbart worden war, versicherte Cameron, er würde „von ganzem Herzen und aus aller Kraft“ für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU plädieren.

Aber nicht alle Minister sind mit dem Regierungschef einverstanden. Die Kampagne zur „Scheidung“ von der Europäischen Union führt Justizminister Michael Govean. Ihm stehen auch der Arbeits- und der Kulturminister, der Minister für die Angelegenheiten Nordirlands sowie der Londoner Bürgermeister Boris Johnson zur Seite. Sie führen verschiedene Argumente an: von der Unfähigkeit der EU zu einer effizienten Kontrolle ihrer Außengrenzen bis zu den riesigen Ausgaben für die Brüsseler Bürokraten.

Camerons Anhänger verweisen ihrerseits auf den wirtschaftlichen Aspekt. Laut einer Studie der Forschungsgruppe CBI, deren Ergebnisse erst am 21. März veröffentlicht wurden, hätte der Austritt des Königreiches aus der EU einen Verlust von fünf Prozent des BIP sowie die massenhafte Streichung von Arbeitsplätzen (bis zu 995.000) zur Folge. Und Energieministerin Amber Rudd warnte ihrerseits, dass die Strom- und Gaspreise für die britischen Verbraucher enorm steigen würden, weil ausländische Investitionen in das britische Energiesystem gestoppt würden.

In den letzten Tagen rückten die Perspektiven des britischen Gesundheitswesens plötzlich in den Vordergrund: Gesundheitsminister Jeremy Hunt warnte, dass der EU-Austritt zu einer Kürzung der Ausgaben für die Gesundheitsversorgung führen könnte, weshalb die Standards der medizinischen Behandlung schrumpfen würden. Zudem würden viele ausländische Ärzte das Land verlassen. Der Führer der Kampagne „Vote Leave“ („Stimmt für den Austritt“), Matthew Elliott, nannte ihn deswegen einen „Panikmacher“ („Scaremongering“) und betonte, das Gesundheitswesen befinde sich ohnehin in einer Krise, wofür gerade Hunt verantwortlich sei. „Wir könnten die Geldverschwendung für die EU-Bürokraten stoppen und dafür mehr Geld in die Gesundheit investieren“, so Elliott.

Aber nicht nur die Politik, sondern auch die Geschäftskreise sind wegen des möglichen „Brexits“ gespalten. Jüngst wurde bekannt, dass sich etwa 250 britische Unternehmer für den Austritt aus der EU ausgesprochen haben. Laut der „Times“ wollen sie einen Geschäftsrat bilden, den der frühere Vorsitzende der Handelskammer, John Longworth, anführen könnte.

Aber auch die Befürworter einer weiteren EU-Mitgliedschaft melden sich zu Wort: Im Februar hatten die Leiter von mehreren Großunternehmen wie Easy Jet, Shell und BAE Systems einen Brief unterzeichnet, in dem sie sich für den EU-Verbleib äußerten. Und Mitte März wurden die Ergebnisse einer CBI-Studie veröffentlicht, der zufolge etwa 80 Prozent aller britischen Privatunternehmen weiterhin in der EU bleiben wollen.

Das „Brexit“-Referendum ist für den 23. Juni angesetzt. Laut der jüngsten Umfrage des Meinungsforschungs-Instituts ICM befürworten 43 Prozent der Briten den EU-Austritt ihres Landes. 41 Prozent würden lieber weiterhin im einheitlichen Europa bleiben."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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