Attac fordert: Ratifizierungsverfahren für EU-Vertrag stoppen
Archivmeldung vom 25.04.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMit scharfer Kritik hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die Annahme des EU-Reformvertrags im Bundestag reagiert. Sowohl das Zustandekommen des Kontrakts als auch seine inhaltliche Ausrichtung seien abzulehnen.
"Dieser Vertrag wird den europäischen
Bürgerinnen und Bürgern für lange Zeit einen unkontrollierbaren
Wirtschaftsliberalismus aufdrücken, ohne dass sie nach ihrer Meinung
gefragt wurden, geschweige denn mitentscheiden konnten", sagte Elke
Schenk von der bundesweiten EU-AG von Attac. "Mit ihrer Rede vom
sozialen und demokratischen Europa lügen sich die Befürworter in die
Tasche."
Zwar räumt der Vertrag dem EU-Parlament ein paar
Mitentscheidungsrechte mehr als bisher ein, dennoch ist das Parlament
auch nach 50 Jahren weit davon entfernt, gleichberechtigter
Mitgesetzgeber oder gar Hauptgesetzgeber zu werden. "Unter diesen
Bedingungen führt die zunehmende Verlagerung von Zuständigkeiten auf
EU-Ebene zu einem Verlust an demokratischer Kontrolle und begünstigt
Mauscheleien in Arbeitsgruppen der EU-Kommission, die nicht
legitimiert und von Wirtschaftsinteressen dominiert sind", warnte Elke
Schenk.
Der Binnenmarktartikel, der den freien Waren-, Dienstleistungs- und
Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit der Unternehmen
garantiert, habe sich längst als Haupthebel für die Durchsetzung
europaweiten Lohndumpings, Sozialabbaus, die Privatisierung
öffentlicher Dienstleistungen und den Kampf gegen Gewerkschaftsrechte
entpuppt. "Wer ein echtes Interesse an einem sozialen Europa hat, muss
diese wirtschaftlichen Freiheiten einschränken und unter den Vorbehalt
übergeordneter politischer, sozialer und ökologischer Interessen
stellen", forderte Elke Schenk.
Mit den institutionellen Änderungen bringe sich die EU zudem als
Global Player in Stellung, der seine wirtschaftlichen und
strategischen Interessen auch militärisch durchsetzen will. Eine
Europäische Union, die glaubwürdig dem Frieden dienen wolle, müsse
statt eines Rüstungsamtes eine institutionell verankerte und
ausreichend finanzierte Friedensagentur schaffen. Notwendig sei zudem
ein Paradigmenwechsel hin zu einer Agrar- und Handelspolitik, die die
Lebensgrundlagen erhält und den Ländern des Südens Subsistenz und
Entwicklung ermöglicht. Elke Schenk: "Stattdessen jagt die
Grenzschutzagentur Frontex die aus Hoffnungslosigkeit fliehenden
Menschen in den Tod."
Attac fordert, die weitere Ratifizierung des EU-Vertrags zu stoppen
und den Kontrakt unter breiter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger
in Europa neu zu verhandeln. Notwendig sei eine Neuausrichtung der
europäischen Integration, damit diese sozialen, demokratischen und
friedlichen Zielen wirklich gerecht werde.
Nach dem Bundestag nuss noch der Bundesrat über die Ratifizierung des
EU-Vertrags entscheiden. Die Abstimmung ist für den 23. Mai geplant.
Zudem stehen Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht an.
Quelle: Attac Deutschland