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440 Millionen Streumunitionen bedrohen 400 Millionen Menschen

Archivmeldung vom 18.05.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.05.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

25 Länder der Welt sind nach Streubombenangriffen von Blindgängern verseucht, 98% der Opfer dieser Waffen stammen aus der Zivilbevölkerung. Sie werden getötet und verletzt, wenn sie nach einem Krieg heimkehren oder während sie ihren alltäglichen Arbeiten nachgehen.

Diese schockierende Erkenntnis einer vorläufigen weltweiten Studie vom letzten November wird von dem heute vorgelegten endgültigen Bericht Circle of Impact bestätigt. Der Bericht erscheint in der Vorwoche der nächsten internationalen Streubombenkonferenz in Lima, der zweiten Konferenz im so genannten "Oslo-Prozess": Vom 23. bis 25. Mai werden in der peruanischen Hauptstadt mehr als 100 Staaten über einen geplanten internationalen Vertrag diskutieren, der bis 2008 ein Verbot von Streumunition regeln soll.

Auch die deutsche Regierung ist in Lima vertreten, und Handicap International wird als einzige deutsche Nicht-Regierungs-Organisation die Debatten vor Ort kritisch verfolgen. "Die deutsche Diplomatie hat im Vorfeld der Konferenz ein Positionspapier vorgelegt, das zwar einen langfristigen Ausstieg aus der Verwendung von Streumunition vorsieht, aber mit vagen und viel zu langen Fristen," bemängelt François De Keersmaeker, Geschäftsführer von Handicap International, der an der Konferenz in Lima teilnehmen wird. "Außerdem sieht dieses Papier vor, dass bestimmte Streumunitionen vom Verbot ausgenommen werden, da sie im Gegensatz zu anderen weniger Blindgänger hinterlassen. Bis heute hat uns aber niemand glaubhaft darlegen können, dass dies technisch möglich und nachweisbar ist. Diese Position der deutschen Regierung wird dem humanitären Problem, das unser neuer Bericht offen legt, leider noch nicht gerecht."

Nach Angaben des neuen Berichts sind weltweit 400 Millionen Menschen davon betroffen, dass ihr Zuhause und ihr Lebensumfeld nach einem Angriff mit Streumunition de facto zu Minenfeldern geworden sind. 13.306 Opfer von Streumunition sind bestätigt, aber die Experten schätzen die wirkliche Zahl auf über 100.000 - denn 96% der Unfälle ereignen sich in Ländern mit mangelnder Datenerhebung.

Streumunition trifft die Zivilbevölkerung, wenn sie am verwundbarsten ist, nämlich häufig bei der Heimkehr nach einem Krieg. Die Rückkehrenden wissen noch nichts über die Gefahr, die sie erwartet. Die Unfälle passieren, wenn die Menschen ihre Häuser und Gärten betreten und besonders häufig, wenn Kinder nach den schrecklichen Kriegszeiten endlich wieder spielen möchten. Im Kosovo ereigneten sich 53% der Unfälle mit Streumunition in den zwei Monaten nach dem Kriegsende 1999 - die meisten Opfer waren Jungen zwischen fünf und 15 Jahren.

Mehr als 60% der Unfälle reißen die betroffenen Menschen mitten aus ihren Alltagsgeschäften. Oft treibt sie die wirtschaftliche Not dazu, auf ihren von Blindgängern verseuchten Feldern zu arbeiten. 76% der Opfer sind besitzlose Männer und Jungen ohne Ausbildung. Im Süd-Libanon sind fast 90% der landwirtschaftlichen Flächen mit nicht explodierter Munition verseucht. Mit einem Unfall beginnt für die betroffenen Menschen meist ein Teufelskreis von Auswirkungen: Durch die medizinischen Folgekosten verarmen die sowieso schon geschwächten Familien. Für die behinderten und traumatisierten Überlebenden verringern sich die Bildungschancen und die Möglichkeiten zu arbeiten. Dadurch steigt erneut das Armutsrisiko.

Von wem die Opfer Unterstützung oder gar Entschädigung erhalten, ist bisher praktisch nicht geregelt. Bei der Konferenz in Lima und bei den folgenden Verhandlungen werden sich die Diskussionen wieder auf Definitionen und technische Bestimmungen konzentrieren. Aber alle Beteiligten sollten in Erinnerung behalten, was ein hoher norwegischer Diplomat zu Beginn des Oslo-Prozesses gesagt hat: "Wir haben diesen Prozess begonnen wegen der zerstörerischen Auswirkungen dieser Waffen auf menschliches Leben. Wir arbeiten hier für die Menschen - sie müssen im Mittelpunkt des zukünftigen Vertrags stehen."

Quelle: Pressemitteilung Handicap International

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