Internationaler Marineverband macht Ostsee sicherer
Archivmeldung vom 02.09.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Minenabwehr-Operation "Open Spirit 2008" hat begonnen. Seit Anfang der Woche befindet sich der multinationale Minenabwehrverband in seinem Operationsgebiet in der Irben-Straße vor der lettischen Küste.
Dieser Verkehrsknotenpunkt gilt als der wichtigste Seeweg in den Golf von Riga. "Deshalb besitzt sie höchste Priorität für die Minenbeseitigung - hier wurden in den vergangenen Kriegen schätzungsweise 15.000 Minen ausgelegt", sagt Christof Reßing. Der Fregattenkapitän ist Kommandeur des Verbandes. Er kommandiert neun Boote aus sieben Nationen. "Durch die undokumentierten Räumungen während der zurückliegenden Kriege und in der Nachkriegszeit geht von vielen Minen auch heute noch eine Gefahr aus. Denn niemand weiß genau, wo die Minen liegen oder treiben", sagt Reßing. Und er ist froh über die erste Erfolgsmeldung, denn das belgische Minenjagdboot "Primula" meldete heute den Fund einer russische Ankertaumine, die vor über 90 Jahren im Ersten Weltkrieg gelegt worden war. Die Sprengung der Kriegsaltlast erfolgte um 10.45 Uhr Ortszeit.
Ankertauminen wurden früher nicht gesprengt
Die Minenjäger aus sieben Nationen können sich bei der Suche nach den gefährlichen Hinterlassenschaften nur auf historische Dokumente aus Archiven oder auf Berichte von lokalen Fischern stützen, die Minen in ihren Netzen fangen. "Früher wurde von Minenräumern bei Ankertauminen nur das Ankertau durchtrennt. Die Minen wurden nicht vernichtet", sagt Reßing, "durch diese unsachgemäße Beseitigungsmethode sind viele gefährliche Minen einfach auf dem Meeresgrund liegen geblieben. Diese stellen jetzt eine Gefahr für Menschen und Schiffe dar."
Räumung dauert noch Generationen
Gefahren für den Schiffverkehr auf den Haupthandelsrouten bestehen nach Einschätzung der Experten des deutschen Flottenkommandos in Glücksburg heute nur selten. Doch Fischer, Wassersportler und Schwimmer sind sehr stark gefährdet. Das gilt auch für Bauvorhaben unter Wasser, wie zum Beispiel die Verlegung von Pipelines. Gelegentlich werden Minen oder Munitionsteile an den Strand gespült - ein Risiko für Spaziergänger, spielende Kinder oder Badeurlauber. Deshalb gilt: Wer am Strand solche gefährlichen Teile entdeckt, sollte sie auf gar keinen Fall anfassen, andere Personen warnen, den Fundort absperren und sofort die Polizei verständigen. Wegen dieser Gefährdung ist es wichtig, dass militärische Altlasten beseitigt werden. "Jedes Planquadrat, dass wir als minenfrei abhaken können, ist ein Erfolg", sagt Reßing. Doch bis alle Minen geräumt sein werden, dürften nach seiner Einschätzung noch Generationen vergehen.
Geschichte der Minen in der Ostsee
Schon zu Beginn des Ersten Weltkriegs legte die russische Baltische Flotte im August 1914 eine Minensperre mit insgesamt 3.280 Minen im Westausgang des Finnischen Meerbusens. Bei den Kämpfen um die baltischen Inseln wurden von deutscher Seite 2.200 Minen, und von russischer Seite etwa 13.000 Minen gelegt. Auch im Zweiten Weltkrieg hatten Minen in der Ostsee große Bedeutung. So wurden allein von Juni bis September 1941 auf deutsch-finnischer Seite etwa 5.250 Minen und rund 4.000 Sperrschutzmittel in die großen Minensperren geworfen. Die Baltische Flotte setzte in diesem Zeitraum ebenfalls mehr als 4.000 Minen ein. Insgesamt wurden auf deutscher und finnischer Seite etwa 60.000 Minen eingesetzt. Die genaue Anzahl der russischen Minen ist nicht bekannt, Experten gehen von einer fünfstelligen Zahl aus.
Übers Manöver "Open Spirit"
Der erste gezielte Minenräumeinsatz in der Ostsee nach dem Ende des Kalten Krieges war das Manöver "Baltic Sweep" im Jahr 1996. Dabei wurden in der südlichen Bucht von Riga zahlreiche dieser Altlasten entdeckt. Daraufhin wurde die Problematik auf den diplomatischen und parlamentarischen Ebenen beraten. Seitdem findet jährlich ein solches Minenräummanöver statt - seit 1997 unter dem Namen "Open Spirit". Die Führung des mittlerweile 15. internationalen Minenräumeinsatzes hat der Kommandeur des 3. Minensuchgeschwaders, Fregattenkapitän Christof Reßing aus Kiel. Er führt den Verband vom deutschen Tender "Donau" aus. Die Deutschen üben das Kommando über den Manöververband bereits zum elften Mal aus.
Quelle: Deutsche Marine