Syrien-Expertin Helberg bei Perspektive des Landes "hoffnungsvoll"
Die Syrien-Expertin Kristin Helberg schätzt die Zukunft des Landes nach dem Assad-Sturz vorsichtig optimistisch ein. Die Syrer seien nach dem langen Leiden an einem Punkt, "wo sich sich nichts mehr wünschen, als endlich in Frieden und Stabilität miteinander zu leben", sagte sie am Dienstag bei "Jung und Naiv".
Nach dem Ende des Regimes hatte die islamistische Rebellengruppe Hajat
Tahrir al-Scham (HTS) die Kontrolle übernommen und sich stark im
Übergang engagiert.
HTS-Anführer Mohammad Al-Dschulani habe sich
bereits in den Jahren vor dem Sturz "sehr pragmatisch" gezeigt und
versuche scheinbar, einen guten Konsens zu finden, sagte Helberg. Der
habe es schließlich auch geschafft, die Revolution zu einem
erfolgreichen Ende zu führen. "Bei aller Skepsis, die man auch haben
muss, ist das auch ein Momentum, das man auch nutzen muss", so die
Journalistin.
Al-Dschulani habe zu radikale Kämpfer schließlich
aus der Rebellenorganisation ausgeschlossen und den Schutz von
Minderheiten versprochen. Der HTS-Chef habe auch von Förderalismus
gesprochen und damit die Hand in Richtung der kurdischen Kräfte in
Syrien ausgestreckt. "Der Mann macht alles richtig in den letzten zwei
Wochen", so Helberg. "Zum bisherigen Zeitpunkt ist das alles eher
hoffnungsvoll."
"Das Wichtigste ist, dass der Staat nicht
zerfällt", sagte Helberg. Das sei besonders knifflig, da alle
Institutionen bisher auf den Machterhalt Assads ausgerichtet waren.
Sollte das doch zerfallen und alle Gruppen kämpfen weiter um den
Einfluss in Syrien, könnte es doch zum "Wort Case" kommen. Aber: "Kein
Nachbarland will einen 'failed state'", argumentierte die Expertin.
Ein
Szenario wie in Afghanistan, vor dem Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel zuletzt
gewarnt hatte, hält sie für unwahrscheinlich. Dazu sei der Bildungsgrad
der Syrer zu hoch und die geografische Beschaffenheit zu
unterschiedlich.
Die freie Journalistin Kristin Helberg lebte von
2001 bis 2008 im syrischen Damaskus, wo sie lange Zeit die einzige
offiziell akkreditierte westliche Korrespondentin war.
Quelle: dts Nachrichtenagentur