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EU-Justizkommissar gegen "Kriegsrabatt" für Polen

Archivmeldung vom 18.07.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.07.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Polskaweb News
Bild: Polskaweb News

EU-Justizkommissar Didier Reynders hat sich dagegen ausgesprochen, Polen wegen der Aufnahme von Millionen Kriegsvertriebenen aus der Ukraine schnell Wiederaufbauhilfe zukommen zu lassen und die Anforderungen an die Justizreform zu senken. "Gerade weil wir uns für die regelbasierte internationale Ordnung stark machen, müssen wir uns selbst an die Rechtsstaatlichkeit halten", sagte er der FAZ.

Sonst verliere man die eigene Glaubwürdigkeit. "Wie sollen wir von der Ukraine Reformen verlangen, wenn wir jetzt Polen eine Art Kriegsrabatt gäben?" Die EU-Kommission hatte Anfang Juni den Wiederaufbauplan des Landes genehmigt, die Auszahlung einer ersten Milliardentranche aber an Meilensteine zu einer Reform der Disziplinargerichtsbarkeit geknüpft. Reynders machte deutlich, dass die vom polnischen Parlament beschlossene Reform diese Anforderungen nicht erfüllt. Sie enthalte "mindestens ein Element, das nicht zu den Meilensteinen passt", sagte er.

"Wir benötigen nicht nur eine unabhängige Kammer, die über Disziplinarverfahren entscheidet. Es muss auch Richtern möglich sein, den Status anderer Richter zu hinterfragen." Ähnlich hatten sich zuvor schon die für Rechtsstaatlichkeit verantwortliche Vizepräsidentin Vera Jourova und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen selbst geäußert. Zu Zweifeln, ob die neu eingerichtete "Kammer für berufliche Verantwortung" abermals aus Richtern mit zweifelhafter Legitimität bestehen werde, sagte er: "Wir erwarten, dass sich die neue Kammer signifikant von der alten unterscheidet." Nach Angaben des Justizkommissars hat die EU-Kommission Polen inzwischen Zahlungsaufforderungen über 237 Millionen Euro zukommen lassen, weil das Land einer Anordnung des Europäischen Gerichtshofs zur Reform des Disziplinarrechts nicht nachgekommen ist.

"Da Polen unseren Zahlungsaufforderungen nicht nachgekommen ist, haben wir inzwischen 111 Millionen Euro von Zuwendungen abgezogen, die dem Land zustehen." Der EuGH hatte ein Zwangsgeld von einer Million Euro am Tag gegen das Land verhängt. Auch von Ungarn forderte Reynders Bewegung. "Was wir benötigen, sind konkrete Reformvorschläge, die unseren Bedenken Rechnung tragen." Das betreffe das Haushaltsverfahren und genauso die Meilensteine im ungarischen Wiederaufbauplan, sagte der belgische Liberale der FAZ. Dem Land droht im Rahmen eines Verfahrens zum Schutz des EU-Haushalts der Entzug von Mitteln aus dem regulären Haushalt. Die Kommission soll bis 27. Juli dazu Empfehlungen abgeben. Man müsse mit Ungarn nun eine "wichtige Debatte führen", sagte der Kommissar.

"Sind echte Reformen möglich? Falls nicht, werden wir ein großes Problem bekommen." Die Auffassung einiger Juristen, dass im Falle systemischer Mängel alle Mittel eingefroren werden müssten, wies er zurück. "Der EuGH hat uns aufgetragen, dass unsere Korrekturmaßnahmen verhältnismäßig sein müssen. Jetzt zu fordern, dass alle Mittel eingefroren werden, erscheint mir nicht verhältnismäßig."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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