Umfrage: Afghanistan-Einsatz so unbeliebt wie nie
Archivmeldung vom 14.01.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Zustimmung zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr ist in Deutschland auf einen Tiefpunkt gesunken: Mindestens jeder zweite Bundesbürger lehnt den Einsatz ab, nur noch 38 Prozent stehen hinter der Mission. Zu dem Ergebnis kommt die jüngste Bevölkerungsbefragung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr. "Nur noch jeder vierte Befragte bewertet diese Mission mehr oder weniger als einen Erfolg", schreibt der Soziologe Thomas Bulmahn in der Studie, die der "Welt" vorliegt.
Der Rückgang der Zustimmung lasse sich vor allem auf die Wahrnehmung ausbleibender Fortschritte, steigender Kosten und zunehmender Gefahren für die eingesetzten Soldaten zurückführen. Der Grünen-Verteidigungspolitiker Omid Nouripour sieht hier einen "schleichenden Prozess der Erosion".
Zwei Phänomene kämen hier zusammen: "Die einen sind enttäuscht von dem, was wir in Afghanistan erreicht haben, weil anfangs zu viel versprochen wurde", sagte Nouripour der "Welt". "Den anderen fehlt die Begründung, warum wir da sind." Die Bundesregierung habe in den vergangenen Jahren nicht unbedingt damit geglänzt, diesen Bundeswehr-Einsatz zu erklären. "Es reicht nicht, wenn das nur der Fachminister macht."
Ähnliche Kritik äußert der Deutsche Bundeswehrverband: Der Vize-Vorsitzende André Wüstner fordert von den Verantwortlichen "mehr Mut zur Debatte". "Die Bevölkerung verträgt mehr, als manch ein Politiker denkt", sagte Wüstner der "Welt". Bisher würde erst über Bedrohungen im Ausland informiert, wenn es zum Einsatz von Streitkräften komme. "Und wenn es dann soweit ist, versteht niemand, was wir überhaupt erreichen wollen und warum."
Beim neuen Konfliktherd Sahel-Zone werde sich nun zeigen, "ob wir aus Afghanistan gelernt haben, oder ob wir weiterhin unter einer politischen Strategielücke leiden". Das Institut TNS-Emnid interviewte für die aktuelle Umfrage zum sicherheits- und verteidigungspolitischen Meinungsbild in Deutschland im Sommer 2.500 Bundesbürger. Eine Mehrheit - 86 Prozent - ist der Ansicht, dass die Bundeswehr relevant ist für Deutschland. Auch wenn deren größte deutsche Militäreinsatz mittlerweile als Fehlschlag bewertet wird, hat er noch keinen Imageschaden für die Truppe angerichtet.
Drei von vier Bürgern sagten in der Umfrage, ihre Haltung gegenüber den Streitkräften sei "sehr positiv" oder "eher positiv". 79 Prozent verbinden mit der Bundeswehr das Gefühl von Vertrauen, von Hochachtung sprechen 69 Prozent, von Stolz 68 und von Dankbarkeit 67 Prozent. Etwa jeder vierte Befragte empfindet allerdings auch Gleichgültigkeit (24 Prozent) oder Langeweile (23 Prozent), wenn er auf die Bundeswehr angesprochen wird.
Bundesregierung glaubt nicht an vollständigen US-Truppenabzug aus Afghanistan nach 2014
Die Bundesregierung rechnet nicht mit einem völligen Truppenabzug der US-Amerikaner aus Afghanistan nach dem Ende des Jahres 2014. Verteidigungsminister de Maizière sagte im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", es gelte die Beschlusslage der Staats- und Regierungschefs der Nato, die sich im vergangenen Jahr auf dem Nato-Gipfel in Chicago auch auf eine "militärische Komponente" beim weiteren Wiederaufbau Afghanistans geeinigt hätten.
De Maizière sagte, "in der Sache kann es letzten Endes nur um die Höhe der Truppenpräsenz und den Auftrag gehen, nicht um einen Ausstieg". Zu dem Beitrag, den die Bundeswehr nach 2014 in Afghanistan leisten könne, sagte der Verteidigungsminister, die Überlegungen seien "noch sehr in den Anfängen". Es sei noch nicht geklärt, ob es außerhalb von Kabul noch eine ständige Stationierung internationaler Truppen geben werde, oder nicht.
Quelle: dts Nachrichtenagentur