Bundesbankvorstand Wuermeling warnt vor Folgen eines harten Brexit
Archivmeldung vom 28.03.2017
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Freigeschaltet durch André OttBundesbankvorstand Joachim Wuermeling warnt vor einem harten Brexit ohne Übergangsregelungen. "Die Londoner City wird aus EU-Sicht zu einem Drittmarkt, grenzüberschreitend geltende Genehmigungen und Zulassungen erlöschen, Finanzprodukte können von heute auf morgen nicht mehr über den Ärmelkanal hinweg ausgetauscht werden", sagte Wuermeling der "Süddeutschen Zeitung".
"Das könnte zu Spannungen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Märkte führen." Die britische Regierung möchte der EU am Mittwoch offiziell den Beschluss zum Austritt aus der Gemeinschaft mitteilen. Danach beginnen die Austrittsverhandlungen. Wuermeling fordert die EU und Großbritannien auf, sogenannte Äquivalenzentscheidungen zu verhandeln. Darin könnten die verschiedenen Finanzmarktregelungen beider Wirtschaftsräume als gleichwertig anerkannt werden.
Diese Art von Einigung bildet die Basis für reibungslose Finanzgeschäfte, etwa zwischen der EU und den USA. Ohne einen solch grundsätzlichen Beschluss hätte "Großbritannien gegenüber der EU nach der Scheidungsverhandlung einen Drittstaat-Status wie zum Beispiel Tunesien", sagte Wuermeling. Es drohe ein regulatorischer Flickenteppich.
"Dann könnte man beispielsweise für das Clearing-Geschäft eine Einigung erzielen, für Wertpapierprospekte aber nicht. Oder in Frankreich emittierte Fonds würden in Großbritannien zugelassen, die deutschen Produkte hingegen nicht. Das führt zu einem riesigen Wirrwarr von Einzelentscheidungen bei der Zulassung. Und dieser Flickenteppich könnte sehr groß werden." Im schlimmsten Fall würde der Ausstieg Großbritanniens aus der EU zu einer Aufweichung der internationalen Finanzmarktregeln führen.
"Sollten die Brexit-Gespräche nicht konstruktiv verlaufen, könnten die Briten in Versuchung geraten, die Standards massiv zu lockern, so dass ein Wettbewerbsvorteil für London entsteht", sagte Wuermeling. "In einen Wettlauf nach unten könnten andere hineingezogen werden - mit Risiken für die Finanzstabilität."
Quelle: dts Nachrichtenagentur