Röttgen warnt vor "außenpolitischem Desaster" in Afghanistan
Archivmeldung vom 09.08.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat wegen des Vormarsches der Taliban in Afghanistan vor einem "außenpolitischen Desaster" gewarnt. "Es droht, dass innerhalb von Monaten verloren geht, wofür auch die Bundeswehr 20 Jahre gekämpft hat", schrieb er am Sonntag bei Twitter. "Wir müssen verhindern, dass die Taliban bis zum Herbst wichtige Städte oder gar Kabul einnehmen."
Wenn das passiere, bestehe keine Aussicht mehr auf eine politische Verhandlungslösung für Afghanistan. Der ehemalige Bundeswehr-General Hans-Lothar Domröse reagierte unterdessen mit Entsetzen auf den Taliban-Vormarsch. "20 Jahre Einsatz für Menschenrechte, Demokratie und Gleichberechtigung werden mit Füßen getreten", sagte Domröse der "Bild".
"Wir müssen entscheiden, wie wir den bedrohten Menschen eine konkrete Perspektive anbieten können." Das Vorrücken der Taliban sei "tragisch, war aber leider absehbar", so der Ex-General. Die internationale Gemeinschaft habe "sehenden Auges das Land verlassen, ohne den Ausgang der Friedensverhandlungen abzuwarten".
Er fürchte, dass Afghanistan "Bürgerkrieg, Tod und Trauer erleidet", sagte Domröse der Zeitung. Die Taliban hatten zuletzt den Druck auf mehrere nördliche Provinzen Afghanistans erhöht. Seit Freitag wurden vier Provinzhauptstädte erobert, darunter auch Kundus. Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt bezeichnete den Fall von Kundus als "bittere Konsequenz aus der Entscheidung, die internationale militärische Hilfe in Afghanistan im Sommer einzustellen". Hardt forderte höheren Druck auch des Westens, um die Gespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban in Doha voranzubringen. "Den Taliban wie der afghanischen Regierung muss klar sein, dass die Wirtschaftshilfen und damit der Wohlstand im Lande vom Fortschritt des Friedensprozesses abhängt." Der internationale Finanzstrom sei der wichtigste verbleibende Hebel, um Druck auf die afghanischen Konfliktparteien auszuüben, so Hardt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur