Jochen-Konrad Fromme: Tschechien muss nach Entscheidung des UN-Menschenrechtsausschusses Benes-Dekrete thematisieren
Archivmeldung vom 04.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZu Medienberichten über den jüngsten Beschluss des UN-Menschenrechtsausschusses in der Frage der Restitution konfiszierten Eigentums in der Tschechischen Republik und zu der Gründung des Instituts zur Aufarbeitung der totalitären Vergangenheit in Prag erklärt der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme MdB:
Zum wiederholten Male hat der UN-Menschenrechtsausschuss sich mit den Möglichkeiten der Restitution von im Zusammenhang mit der Vertreibung der Deutschen konfiszierten Eigentums in der Tschechischen Republik beschäftigt. Zum wiederholten Male wurde dabei festgestellt, dass die in der Tschechischen Republik bestehenden Regelungen mit dem Völkerrecht nicht konform gehen.
Dabei wurde erklärt, dass es in der Tschechischen Republik keine ausreichenden gesetzlichen Grundlagen und Rechtsbehelfe gebe, um Verfahren über das im Zuge der Vertreibung konfiszierte Eigentum innerstaatlich ordnungsgemäß durchzuführen.
Auch wird darauf verwiesen, dass heute noch die Benes-Dekrete bei der Bestätigung des Status quo angewandt werden.
Bereits im Herbst 2001 hat sich der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen mit dem im Jahr 1992 geschaffenen tschechischen Restitutionsgesetz (Gesetz 243/1992) befasst und dessen diskriminierende Wirkungen aufgezeigt. Seinerzeit war das Gesetz zur Restitution von Vermögen so geändert worden, dass der ununterbrochene Fortbestand der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft bis 1990 zur Grundvoraussetzung für eine Restitution wurde. Dies wurde als diskriminierend gegenüber Flüchtlingen und Vertriebenen, die zuvor schon durch die Anwendung der Benes-Dekrete ihre Staatsbürgerschaft verloren hatten, kritisiert.
Mit dem jüngsten Beschluss des UN-Menschenrechtsausschusses ist wieder einmal deutlich geworden, dass der Fortbestand der Teile der Benes-Dekrete, die sich mit den deutschen und den ungarischen Bevölkerungsgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei befassen, weder mit dem Völkerrecht noch mit den Rechtsgrundsätzen der Europäischen Union konform gehen.
Es wäre daher ein großer Fortschritt für ein Rechts- und Wertesystem der Europäischen Union, wenn die Tschechische Republik ihre bisher starre Haltung in Bezug auf den Fortbestand der Benes-Dekrete aufgeben würde.
Bedenklich ist auch, dass in Prag ein neues Institut zur Aufarbeitung der totalitären Vergangenheit des Landes eröffnet worden ist, wobei laut Medienberichten die Jahre 1945 bis 1948 keine Behandlung erfahren sollen.
Es wäre ein wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der Geschichte im Hinblick auf eine dauerhafte Aussöhnung, wenn man die Vertreibung der Deutschen nicht ausklammern würde.
Quelle: CDU/CSU-Fraktion