Mazedonien: ROG besorgt über Schließung von Medien
Archivmeldung vom 19.08.2011
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.08.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittReporter ohne Grenzen (ROG) beobachtet eine kontinuierliche Verschlechterung der Situation der Medienfreiheit in Mazedonien seit Beginn des Jahres. Nach Ansicht von ROG beeinträchtigt unter anderem die Schließung von vier landesweit einflussreichen privaten, regierungskritischen Medien die Pressevielfalt in dem südosteuropäischen Land. Drei Zeitungen des Medienunternehmens "Plus Produkcija" mussten nach Steuerforderungen den Betrieb einstellen. Dem Fernsehsender "A1" desselben Unternehmens wurde wegen Steuerschulden die Lizenz entzogen.
Aus Sicht von ROG hat die Regierung den Konkurs der Medien bewusst in Kauf genommen. Der Entzug der Sendeerlaubnis sei darüber hinaus ein eindeutiger Rechtsverstoß. ROG sieht daneben Anzeichen für Versuche der mazedonischen Regierung, ihre Kontrolle über Institutionen zur Regulierung der Medien auszuweiten.
Am 3. Juli 2011 mussten die drei überregionalen Zeitungen "Vreme", "Spic" und "Koha E Re" schließen, nachdem das Finanzministerium die Konten der Blätter innerhalb eines Jahres zum zweiten Mal eingefroren hatte. Hintergrund sind Forderungen nach Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen in Millionenhöhe. Gegen den Besitzer des Medienunternehmens, Velija Ramkovski, wird wegen des Verdachts auf Steuerbetrug, Geldwäsche und organisiertes Verbrechen ermittelt.
Dem Fernsehsender "A1" desselben Unternehmens wurde aufgrund ausstehender Schulden am 31. Juli die Sendelizenz entzogen. Die vier Medien wurden angewiesen, ihre Schulden bis zum 8. August zu begleichen. Ihr vorheriger Einspruch beim Verwaltungsgericht gegen die Zahlungsforderungen blieb dabei unbeachtet.
Nach Einschätzung von ROG sind die Steuerschulden des Unternehmens für die Regierung eine willkommene Chance, einige der wenigen regierungskritischen Medien zum Schweigen zu bringen. "Es ist eindeutig legitim, Geldwäsche und Steuerbetrug zu bekämpfen. Dennoch sind wir über die Entscheidung beunruhigt, gegen dieselbe Mediengruppe zum zweiten Mal Steuerfahndungen einzuleiten, ohne den Ausgang des Berufungsverfahrens abzuwarten", so ROG. Alternativ hätte die Regierung eine gestaffelte Schuldenbegleichung aushandeln können, um das Überleben der Medien sicherzustellen. ROG kritisiert zudem den Entzug der Lizenz des TV-Senders "A1" ohne die notwendige Zustimmung des Rundfunkrates.
Besondere Brisanz erlangen die Vorfälle vor dem Hintergrund des regierungskritischen Kurses des Unternehmens "Plus Produkcija". Velija Ramkovski war zwischen 2006 und 2008 zunächst bedingungsloser Unterstützer und Partner der Regierung unter Premierminister Nikola Gruevski. Ab 2009 distanzierte der Medienmogul sich jedoch von dieser Haltung.
Kritisch sieht ROG darüber hinaus die Reform des Rundfunkrates ohne Einbindung von Medien- und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Mit der Erweiterung des Rates von neun auf fünfzehn Mitglieder verfolgt die Regierung nach Meinung von ROG das Ziel, ihre Kontrolle über das Organ auszudehnen. So werden die sechs neuen Mitglieder vom Präsidenten, der Antikorruptionskommission und der Agentur für elektronische Kommunikation ernannt - alle Institutionen werden von Mitgliedern der Regierungspartei VMRO-DPMNE dominiert.
In einem Dringlichkeitsverfahren legte die Regierung dem Parlament die Änderungsvorschläge zur Abstimmung vor. Das Parlement stimmte der Reform des Rates am 18. Juli zu. ROG hält die Eile bei der Umsetzung solch weitgreifender Änderungen für übertrieben und ungerechtfertigt.
Quelle: Reporter ohne Grenzen (ots)