Bericht: Ziemiak warb bei Kaczyński um Stimmen für von der Leyen
Archivmeldung vom 16.07.2019
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Freigeschaltet durch André OttCDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat offenbar am Sonntag bei einem Geheimbesuch in Warschau persönlich bei Jarosław Kaczyński, dem Parteivorsitzenden der nationalkonservativen PiS, um Stimmen für Ursula von der Leyen (CDU) als neue EU-Kommissionspräsidentin geworben.
Das berichten die "Welt" sowie die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" unter Berufung auf "mit der Angelegenheit vertraute Personen".
Von der CDU wird Ziemiaks Besuch nach Angaben der "Welt" weder bestätigt noch dementiert. Der Generalsekretär sei zurzeit im Urlaub, hieß es in der Parteizentrale. Ziemiak sei jedoch keinesfalls im Auftrag der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer unterwegs gewesen. Kaczyński bekleidet in Polen kein Regierungsamt, gilt aber als der einflussreichste Politiker des Landes.
Seine PiS hält die absolute Mehrheit im polnischen Parlament und ist bei der Europawahl deutlich stärkste Kraft geworden.
Kaczyński gilt als entschiedener Kritiker der Migrationspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Polen befindet sich zudem wegen seiner Justizreform im Streit mit der EU-Kommission. Zuletzt hatte der Europäische Gerichtshof Teile der Justizreform für unvereinbar mit europäischem Recht erklärt.
Die 26 PiS-Abgeordneten im Europaparlament gehören der EU-skeptischen Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer an. Nach Informationen der "Welt" und der "Gazeta Wyborcza" soll Kaczyński im Gespräch mit Ziemiak im Gegenzug für mögliche PiS-Stimmen für von der Leyen seinerseits eine Forderung erhoben haben. Demnach sollen die Abgeordneten der Union im Europaparlament für die ehemalige polnische Ministerpräsidentin Beata Szydło als Vorsitzende des Sozialausschuss des EU-Parlaments stimmen. Dies habe Ziemiak jedoch nicht zusagen können.
Die von den europäischen Staats- und Regierungschefs als neue EU-Kommissionspräsidentin auserkorene von der Leyen muss bei einer Abstimmung im EU-Parlament am Dienstagabend eine Mehrheit der Abgeordneten für sich gewinnen. Offiziell wirbt sie vor allem um die Stimmen von Sozialdemokraten und Liberalen. Doch auch Ungarns Regierungschef Viktor Orbán wirbt für die Christdemokratin. Orbán und Kaczyński hatten ihre Politik gegenüber der EU-Kommission zuletzt eng abgestimmt. Unklar ist, ob Ziemiak mit von der Leyens und Merkels Wissen handelte. Für Polen ist es dem Vernehmen nach von entscheidender Bedeutung, ob eine mögliche nächste EU-Kommissionschefin die kritische Haltung ihres Vorgängers Jean-Claude Juncker gegenüber dem Abbau von unabhängiger Justiz und Presse fortsetzt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur