Japan: Steigende Strahlenbelastung in Lebensmitteln und Trinkwasser
Archivmeldung vom 22.03.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIn den Regionen rund um das instabile japanische Kernkraftwerk Fukushima I steigt die Strahlenbelastung in Lebensmitteln und Trinkwasser offenbar weiter an. Die Behörden verhängten am Montag ein Verkaufs- und Lieferverbot von Milch und Gemüse aus vier Provinzen. Wie Regierungssprecher Yukio Edano mitteilte, gelte das Verbot für Fukushima, Ibaraki, Tochigi und Gunma.
Erhöhte Radioaktivität war bereits am Wochenende unter anderem bei Blattgemüse wie Spinat festgestellt worden. Bei der Durchsetzung des Verbotes setzen die Gouverneure der Präfekturen auf Freiwilligkeit. Der Gouverneur von Ibaraki, Masaru Hashimoto, sagte, er werde jede Kommune bitten, keinen Spinat auf die Märkte zu bringen. Die Regierung von Fukushima forderte Molkereien auf, keine belastete Milch auszuliefern.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO zeigte sich angesichts der Belastung von Lebensmitteln "stark besorgt" und forderte Japan auf, stark radioaktiv belastete Lebensmittel unverzüglich aus dem Handel zu nehmen.
Nach Berichten der Nachrichtenagentur Kyodo wurden zudem im Trinkwasser von neun Präfekturen Spuren von radioaktivem Jod gemessen. In der Region Fukushima sei ein komplettes Dorf ohne genießbares Trinkwasser, die Jod-Werte seien mit 965 Becquerel pro Liter über drei Mal so hoch wie der Grenzwert. Laut dem japanischen Kraftwerksbetreiber Tepco wurden mittlerweile auch im Meerwasser stark erhöhte Konzentrationen radioaktiver Substanzen festgestellt. Etwa 100 Meter von der Unglücksstelle entfernt sei eine knapp 127-fach erhöhte Belastung mit Jod 131 gemessen worden, so ein Vertreter des Unternehmens am Dienstag (Ortszeit). Bei Meeresfrüchten waren laut einem Bericht der britischen Tageszeitung "Daily Telegraph" jedoch bislang keine erhöhten Werte festgestellt worden.
Betreiber Tepco hat AKW-Notsysteme nicht ausreichend gewartet
Die Notsicherungssysteme im japanischen Kernkraftwerk Fukushima I sind im Vorfeld des verheerenden Erdbebens vom 11. März dieses Jahres nicht ausreichend überprüft worden. Wie japanische Zeitungen am Montag berichteten, hatte der Betreiber Tepco bereits Ende Februar in einem internen Antwortschreiben an die japanische Atombehörde Mängel bei der Wartung eingeräumt. Demnach seien insgesamt 33 Geräte und Maschinen seit längerer Zeit nicht untersucht worden. Darunter zentrale Elemente des Kühlsystems für die sechs Reaktoren und die Abklingbecken sowie ein Motor und ein Notstromaggregat. In einem Antwortschreiben soll die Atombehörde dem Kraftwerkbetreiber bis Anfang Juni Zeit gegeben haben, die fehlenden Inspektionen durchzuführen. Der Ausfall der Stromversorgung im Anschluss an das Erdbeben und den folgenden Tsunami, gilt als Ursache für die kritische Situation im Kraftwerk.
Die Rettungsaktion wurde am Montag derweil durch ein erneutes Aufsteigen von Rauch und Dampf über Block 3 und 2 erschwert. Die Arbeiter auf dem Gelände mussten daraufhin evakuiert werden. Wie es zu dem Zwischenfall kommen konnte, ist unklar. Laut Angaben der japanischen Atomsicherheitsbehörde sei die Radioaktivität jedoch nicht "dramatisch" gestiegen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur