Wolfgang Thierse warnt: Wenn wir in den Krieg eingreifen, ist es ein wirklicher Weltkrieg
Archivmeldung vom 07.03.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse warnt vor jeglichem Eingreifen der Nato in den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Thierse (SPD) sagte der "Heilbronner Stimme": "Man kann das Verlangen der Ukraine verstehen, weil es für sie ein existenzieller Überlebenskampf ist. Aber ein Eingreifen der Nato birgt die Gefahr eines Weltkonfliktes, eines Weltkrieges, der Nato gegen Russland. Russland ist eine Atommacht."
Thierse weiter: "Putin hat schon gedroht mit dem Einsatz von Atomwaffen. Man muss wissen, ob man diesen Preis bezahlen will, ohne zu wissen, ob man damit der Ukraine wirklich helfen kann. Also ist das schmerzliche Nein zu diesem ukrainischen Verlangen vernünftiger Einsicht in die Gefährdung der Welt geschuldet."
Thierse betonte weiter: "Putin führt Krieg nicht nur gegen die Ukraine. Sondern man muss nur seinen Erklärungen aufmerksam zuhören. Putin führt Krieg gegen den Westen. Und das ist ja, auch wenn ich das so sagen darf, verständlich. Denn der Westen ist wirklich eine Gefahr für ihn, weil Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Wohlstand für sein Regime hoch bedrohlich sind."
Thierse fügte hinzu: "Wir erinnern uns jetzt, was mit Grosny und mit Aleppo passiert ist. Dass die russischen Streitkräfte diese Städte ausradiert und niedergebombt haben. Ich fürchte, dass Putin nun ähnliches mit Charkow und Kiew macht. Das wäre entsetzlich. Aber: Die Nato kann aus Sorge vor einem Atomkrieg nicht wirklich in die militärische Konfrontation mit Russland gehen. Wenn wir in den Krieg eingreifen, ist es ein wirklicher Weltkrieg."
Thierse ist auch überzeugt: Nur eine Niederlage Russlands könne zu einem Regimewechsel führen. "Das müssen wir uns im Interesse Russlands, des russischen Volkes wünschen. Und wir müssen es uns auch im Interesse des Weltfriedens wünschen. Die Ukraine geht jetzt einen entsetzlich traurigen Opfergang - auch für uns. Denn wenn Putin einen klaren militärischen Erfolg erzielt, wird dies eher als Ermunterung wirken. Auch deshalb zittere und leide ich mit den Ukrainern mit."
Quelle: Heilbronner Stimme (ots)