Zweifelhafte Methoden im Anti-Terror-Kampf Behörden nutzten Informationen von Misshandelten
Archivmeldung vom 24.11.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDeutsche Behörden haben nach Recherchen von tagesschau.de Informationen genutzt, die unter zweifelhaften Umständen bei Anti-Terror-Ermittlungen gewonnen worden sind. tagesschau.de liegen Dokumente vor, aus denen hervorgeht, dass solche Erkenntnisse trotz des Wissens um die Entstehungsgeschichte verwendet worden sind.
Konkret geht es um den Fall des Münchner Verlegers
Abdel-Halim Khafagy, der im September 2001 in Bosnien-Herzegowina
unter Terrorverdacht festgenommen, misshandelt und in ein
US-Geheimgefängnis nach Tuzla verschleppt worden war.
Im Exklusiv-Interview mit tagesschau.de und dem ARD-Magazin
"Kontraste" sagte der heute 74-Jährige, dass er bei der Festnahme
geschlagen und während seiner Gefangenschaft am Schlafen gehindert
worden sei. "Alle anderthalb bis zwei Stunden haben sie die Zelle wie
Raubtiere geöffnet, um uns zu stören, damit wir nicht schlafen
konnten", so Khafagy.
Nach Recherchen von tagesschau.de erhielt die Leitung des
Bundeskriminalamtes im Oktober 2001 einen ausführlichen Bericht über
folterähnliche Zustände in dem Geheimgefängnis auf der
US-Militärbasis in Tuzla. Diese Hinweise hielten deutsche Behörden
aber offensichtlich nicht davon ab, Ermittlungsergebnisse, die aus
der Gefangennahme Khafagys stammen, zu speichern und weiterzugeben.
So wurde im Zuge von Khafagys Einbürgerungsverfahren bei einem Gespräch im Landratsamt München im Sommer 2004 mehrfach Bezug auf die Festnahme in Bosnien-Herzegowina im Herbst 2001 genommen. Konkret wurden dem gebürtigen Ägypter Fragen zu Einträgen in seinem damals beschlagnahmten Telefonbuch gestellt.
Quelle: Pressemitteilung NDR Norddeutscher Rundfunk