Außenpolitiker kritisieren Umgang mit Taliban
Archivmeldung vom 06.09.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićAußenpolitiker von Union, FDP und Grünen haben den Umgang des Auswärtigen Amts mit den Taliban kritisiert. Die USA und die europäischen Staaten hätten sich "in demütigender Weise zum Bittsteller gemacht", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU).
"In dieser Lage habe ich für die Mikrofonpolitik von diversen Außenministern über Angebote und Forderungen an die Taliban kein Verständnis", sagte er. "Öffentliche Angebote machen uns nur noch schwächer, Forderungen können wir praktisch nicht umsetzen." Außenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Donnerstag unter anderem in Aussicht gestellt, die gestoppten Entwicklungshilfe-Zahlungen - unter bestimmten Bedingungen - wieder aufzunehmen. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff forderte, Gespräche ausschließlich auf die Rettung weiterer Schutzbedürftiger, wie etwa der Ortskräfte, zu reduzieren. "Die Taliban wollen ausnutzen, dass Deutschland durch das Versagen der Bundesregierung erpressbar geworden ist", sagte er.
"Bundesaußenminister Maas sollte sich deshalb darauf konzentrieren und den Taliban nicht entgegenkommen." Es sei jetzt weder die Zeit für die Wiederöffnung der deutschen Botschaft noch für andere Zugeständnisse. Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour verlangte von der Bundesregierung, Amrullah Saleh als Interimspräsidenten anzuerkennen. Saleh war in der bisherigen Regierung unter Ashraf Ghani Vizepräsident gewesen. Über Jahre hinweg habe man in Afghanistan für Demokratie und die Verfassung geworben, sagte Nouripour. Darauf müsse man nun weiter pochen. "Deutschland muss an der Regierung festhalten, die wir in der Vergangenheit als rechtmäßig anerkannt haben." Derzeit aber spreche die Bundesregierung nur noch mit den Taliban. "Das ist ein schlimmer Fehler." Nouripour warnte zudem davor, in den Taliban einen zuverlässigen Verhandlungspartner zu sehen. Man müsse zwar mit ihnen reden, weil sie "Geiselnehmer" seien.
Aber: "Die Taliban haben viele Bedingungen gestellt, viele erfüllt bekommen und sich bisher an nichts gehalten", so der Grünen-Politiker. "Wenn die Bundesregierung aber Entwicklungsgelder ins Schaufenster stellt, dann muss vorausgesetzt sein, dass die Taliban das Land entwickeln wollen." Tatsächlich aber wollten sie Afghanistan "in die Steinzeit zurückschleudern". Gregor Gysi, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, zeigte sich offener. Man habe gar keine andere Möglichkeit, als mit den Taliban zu verhandeln. "Einmal geht es um die Ausreise der Ortskräfte, die bei der Entwicklungshilfe und der Bundeswehr geholfen haben, auch wenn sie in Subunternehmen tätig waren", sagte er. "Wenn man aber zum Beispiel Geld für Bildung gibt, muss strikt kontrolliert werden können, ob das Geld wirklich in die Bildung geht, was unterrichtet wird und ob Mädchen völlig gleichberechtigt zur Schule gehen können." Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt seien, könne man kein Geld geben. Für konditionierte Zahlungen sprach sich auch der außenpolitische Sprecher der AfD, Armin-Paul Hampel, aus. "Diese Freiheit der Betroffenen kann man sich erkaufen", sagte er.
"Geld gibt es aber nur, wenn auch die Erfüllung der Forderungen zu verifizieren sind." Dass den Taliban die Finanzen knapp würden, sei für Deutschland "eine Chance, durch finanzielle Anreize beispielsweise Fluchtbewegungen einzudämmen". Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, unterstützt den Kurs von Außenminister Maas. Man müsse humanitäre Nothilfe zur Linderung der Hungersnot leisten und internationale Organisationen, die sich um Binnenflüchtlinge kümmern, helfen. "Darüber hinausgehende Zusammenarbeit bei Gesundheit oder Bildung ist nur denkbar, wenn die Taliban grundlegende Menschen- und Frauenrechte einhalten", sagte er.
Quelle: dts Nachrichtenagentur