IWH-Chef: "Nordischer Euro" als Notfallpla
Archivmeldung vom 04.05.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.05.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer hallesche Ökonom Ulrich Blum hat das Krisenmanagement der Bundesregierung in der Griechenland-Krise scharf attackiert. "Es ist miserabel. Kanzlerin Angela Merkel hat versucht, zwischen zwei Welten zu lavieren", sagte der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH) der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung.
Merkel habe unter dem Druck der Finanzmärkte und dem Einfluss des Maastricht-Urteils gestanden, das europäische Transfers ausschließt. Merkel habe dann signalisiert, "dass wir helfen, wenn es wirklich schlimm kommt. Und nun testet der Markt: Ab wann ist es denn schlimm?"
Wenn sich die Krise der Eurozone ausweitet, dann werde es am Ende weitreichende Konsequenzen geben. "Wenn das so weiter geht, wird es im schlimmsten Fall einen nordischen Euro geben", so Blum. "Bei einem nordischen Euro könnten neben Deutschland die Skandinavier, Holland, Belgien, Frankreich und Österreich mitmachen." Eine Rückkehr zur D-Mark schloss Blum aus. "Die D-Mark würde rund 20 Prozent über dem jetzigen Euro liegen - damit wäre wären erhebliche Teile des Exports auf einen Schlag abgewürgt", sagte der Wirtschaftswissenschaftler.
Blum kritisierte, dass die deutsche Politik das Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts "nie in Politik umgesetzt" habe. "Hätte sie das getan, wäre schon vor Jahren das Finanzgebaren in Griechenland durch die Politik unter Druck gesetzt worden, nicht erst heute durch die Märkte", so der 56-Jährige. Nun sei aber die gesamte griechische Wirtschaftsstruktur "letztlich verbogen, mit einem doppelten Defizit - im Budget und im Außenhandel". Die dortige Wirtschaft müsse massiv umstrukturiert werden - bei gleichzeitigen Kürzungen. "Das wird wie ein kalter Entzug nach einem lang anhaltenden Doping", sagte Blum dem Blatt.
CDU-Mann Wanderwitz will dem Paket der Bundesregierung nicht zustimmen
Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz will der Griechenland-Hilfe im Bundestag nicht zustimmen. "Ich kann mir schwer vorstellen, dass ich dem zustimme", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Die Griechen schränken sich auch in der Krise nicht genug ein." So sei etwa das Renteneintrittsalter deutlich niedriger als in Deutschland; zugleich seien die Ausgaben im öffentlichen Dienst deutlich höher. "Die Einsparungen der Griechen sind nicht ansatzweise auf dem Niveau unserer Ausgaben", so Wanderwitz. Da die Menschen in seinem Wahlkreis überdies zu 100 Prozent gegen die Griechenland-Hilfe seien und er keine überzeugenden Argumente zur Hand habe, könne er seine Zustimmung gegenwärtig nicht geben. Wanderwitz ist Vorsitzender der Jungen Gruppe in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung / Mitteldeutsche Zeitung