ROG: Deutsche Korrespondentin darf nicht nach Belarus einreisen
Archivmeldung vom 09.08.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittVor der Parlamentswahl am 23. September schränkt das belarussische Regime die Arbeit einheimischer wie internationaler Reporter stark ein. Gestern wurde bekannt, dass die Behörden Deutschlandradio-Korrespondentin Gesine Dornblüth ein Visum für Belarus verweigern. "Wir fordern die Botschaft auf, diese Entscheidung zurückzunehmen und die Kollegin unverzüglich als ausländische Journalistin zu akkreditieren", sagte Michael Rediske, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen, in Berlin.
Außerdem wurden gestern zwei weitere Journalistinnen wegen einer Aufsehen erregenden Teddybär-Aktion für mehr Meinungsfreiheit festgenommen. Bereits im Juli hatte der belarussische Geheimdienst deshalb einen Fotografen verhaftet.
Gesine Dornblüth, die seit Februar 2012 für das Deutschlandradio aus Moskau berichtet, hatte im März ein Jahresvisum für Belarus beantragt, mehrere Monate später lehnte das Außenministerium ihren Antrag jedoch ohne Begründung ab. Der belarussische Botschafter in Berlin empfahl dem Deutschlandfunk gestern, für die Wahl im September einen anderen Korrespondenten zu akkreditieren. Gesine Dornblüth hatte im vergangenen Jahr kritisch über die soziale Lage in Belarus berichtet und dabei auch Regierungskritiker zitiert. "Ich halte es aber auch für möglich, dass sich Belarus jetzt für die Sanktionen der EU gegen Minsk rächt und es zufällig das Deutschlandradio getroffen hat", sagte sie gegenüber ihrem Sender. Zuletzt war 2006 zwei deutschen Journalisten die Einreise nach Belarus verweigert worden.
Eine Teddybär-Aktion der schwedischen Werbeagentur Studio Total zieht indessen immer weitere Kreise. Zwei schwedische Piloten hatten am 4. Juli im Auftrag der oppositionellen Bürgerrechtsbewegung Charter 97 Hunderte Stoffteddybären mit Losungen für mehr Meinungsfreiheit über Belarus abgeworfen. Der Fotograf Anton Surapin veröffentlichte als erster Bilder von der Aktion im Internet. Daraufhin durchsuchte der belarussische Geheimdienst KGB die Wohnung des 20-Jährigen und nahm ihn am 13. Juli fest. Nach einem Monat in Untersuchungshaft wurde Surapin nun wegen "Beihilfe zur Verletzung der Staatsgrenze" angeklagt, wofür ihm bis zu sieben Jahre Haft drohen. Sowohl der Fotograf als auch die schwedische Werbeagentur stritten jedoch ab, bei der Aktion zusammengearbeitet zu haben.
Zwei weitere Journalistinnen, die sich an einer Solidaritätsaktion für Surapin beteiligten, wurden gestern (8. August) festgenommen. Irina Koslik (27), die für die Zeitung Komsomolskaja Prawda schreibt, und die freie Fotografin Julia Daraschkewitsch (31) hatten sich - wie mehr als 30 belarussische Kollegen - mit einem der abgeworfenen Bären fotografieren lassen und Surapins Freilassung gefordert. Die Aktion hatte der Belarussische Journalistenverband, eine Partnerorganisation von ROG, koordiniert. Koslik und Daraschkewitsch wurden zu einer Geldstrafe von jeweils umgerechnet ca. 290 Euro verurteilt.
Reporter ohne Grenzen zählt den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko zu den größten Feinden der Pressefreiheit weltweit (http://bit.ly/IGdV9d) und führt das Land in seinem aktuellen Bericht zur Internetzensur auf (http://bit.ly/wgRZvp). Auf der ROG-Rangliste ist Belarus mit Platz 168 von 179 Schlusslicht in Europa.
Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)