TTIP: Schmidt fürchtet Ende von Privilegien für deutsche Produkte
Archivmeldung vom 05.01.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtBundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) erwartet, dass viele europäische Hersteller regionaler Spezialitäten etwa aus Schinken oder Brot ihre Privilegien durch das Handelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA verlieren könnten. "Wenn wir die Chancen eines freien Handels mit dem riesigen amerikanischen Markt nutzen wollen, können wir nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen", sagte Schmidt dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".
Er hält die geltenden EU-Regeln für regionale Lebensmittel für "sehr bürokratisch": "Die EU schützt auch solche Spezialitäten, deren Grundstoffe längst nicht mehr nur in ihren Heimatregionen hergestellt werden", kritisierte der Minister. Darüber habe sich der US-Handelsbeauftragte Michael Froman anlässlich eines Treffens in Washington bei ihm beschwert.
"Es wäre unseren amerikanischen Handelspartnern schwer vermittelbar, dass sie keinen Tiroler Speck oder Holländischen Gouda zu uns exportieren dürften, wenn wir in Europa selbst den Schutz nicht konsequent durchsetzen würden", so Schmidt.
Froman habe indes signalisiert, dass er bereit sei, im Handelsabkommen Ausnahmen für mit Chlor desinfizierte Hühnchen zu akzeptieren: "Ich habe den Eindruck, die USA haben verstanden, dass Chlorfleisch in Europa nicht vermittelbar ist", sagte Schmidt. Die US-Beamten hätten sich auch erstmals offen für eine Kennzeichnung von Gentechnik-Lebensmitteln gezeigt.
Lebensmittelwirtschaft gegen Aufweichung der Spezialitäten-Herkunft
Die deutsche Lebensmittelwirtschaft hat sich gegen den Vorstoß gewandt, die Regeln für Herkunftsbezeichnungen von Lebensmitteln aufzuweichen. Der "Bild" sagte der Hauptgeschäftsführer der Spitzenverbände der Lebensmittelwirtschaft, Christoph Minhoff: "Regionale Spezialitäten müssen regionale Spezialitäten blieben. Wir wollen keine Original Nürnberger Rostbratwürstchen aus Kentucky." Minhoff reagierte damit auf Aussagen von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), die Regeln im Zuge des Freihandelsabkommens TTIP mit den USA aufzuweichen.
Brandenburgs Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) sagte "Bild": "Die regional geschützten Produkte sind ein hohes Gut, das hart erarbeitet wurde. Sie sind identitätsstiftend und wir werden sie nicht aufgeben!" Der deutsche Milchindustrieverband unterstützt dagegen Schmidts Reformforderungen. Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser sagte "Bild": "Der übermäßige Schutz in der EU ist ein bürokratischer Popanz und Protektionismus." Dies könne bei den Produzenten zu Millionenschäden führen. "Ich wäre froh, wenn Minister Schmidt sich durchsetzen würde."
Ähnlich äußerte sich der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. "Ein gewisser Schutz für echte Spezialitäten ist gut, zum Beispiel beim Dresdner Stollen", sagte Verbandspräsident Peter Becker gegenüber "Bild". "Aber nicht jede Wurst, nicht jeder Käse und auch nicht jede Brotsorte sollte geschützt werden."
Müntefering fordert auch künftig Schutz regionaler Spezialitäten
Äußerungen von Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) zu möglichen Änderungen beim Schutz regionaler Spezialitäten im Zuge der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) sorgen für Kritik beim Koalitionspartner SPD. "Der Minister liegt falsch", sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering der in Essen erscheinenden Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ). "Regionale Produkte sind ein Zeichen von Qualität und geben den Verbrauchern Orientierung. Das darf durch TTIP nicht infrage gestellt werden. Wer will schon bayerisches Bier aus Florida?", sagte Michelle Müntefering. Die Abgeordnete aus Herne ist Mitglied im Bundestagsausschuss für Recht und Verbraucherschutz.
Quelle: dts Nachrichtenagentur / Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)