Steinberg: Deutschland braucht Katar mehr als andersherum
Archivmeldung vom 22.10.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Nahost-Experte Guido Steinberg sieht den zweiten Besuch des Emirs von Katar bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) innerhalb eines Jahres als wichtiges Signal.
"Wenn das ein europäischer Regierungschef wäre oder ein Regierungschef
eines Nato-Staates, wäre es nicht so aufsehenerregend. Aber für
nahöstliche Herrscher ist eine solche Frequenz von Treffen sehr
bemerkenswert", sagte Steinberg dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
"Das zeigt, dass Deutschland und Katar sich beidseitig als wichtige
Akteure betrachten." Katar sei aufgrund seiner großen Gasreserven
energiepolitisch interessant für die Bundesregierung. Dazu kämen
geopolitische Interessen.
Kritik etwa an der Menschenrechtslage
in Katar in den Vordergrund zu stellen, sei bei dem Besuch des Emirs
nicht sinnvoll. "Wir brauchen Katar und wir brauchen Katar mehr, als
Katar uns braucht. Deswegen sollten wir nicht allzu kritisch mit ihnen
umgehen", sagte Steinberg, der bei der Stiftung Wissenschaft und Politik
(SWP) zum Mittleren Osten forscht.
Katar habe "gute Kontakte zu
Akteuren, die recht wenige oder nur schlechte Kontakte in die westliche
Welt haben", sagte Steinberg. Dazu gehörten der Iran, die Hisbollah, die
Hamas und die Taliban. Im Nahost-Konflikt erfülle Katar seine Rolle als
Vermittler "derzeit positiv, fast sogar vorbildlich". Zudem sei Katar
auch mit Blick auf Abschiebungen nach Afghanistan ein interessanter
Gesprächspartner.
Es gebe allerdings einen Punkt, den Katar
dringend verändern müsse. "Katar ist in seiner Unterstützung für die
Hamas viel zu weit gegangen und geht dabei immer noch viel zu weit",
sagte Steinberg. "Wenn sich der Pulverdampf etwas gelegt hat, wird der
Druck der Nachbarn wachsen, dass Katar diese Förderung zurückfährt. Auch
die USA werden sich nochmal genau ansehen, wie Katar da vorgeht. Man
wird es Katar nicht mehr durchgehen lassen, die Hamas so wie in der
Vergangenheit zu unterstützen."
Scheich Tamim bin Hamad Al Thani wird am Dienstag in Berlin von Scholz empfangen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur