Birma vor der Wahl: Aufsichtsbehörde verwarnt oppositionelle Zeitungen
Archivmeldung vom 29.03.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittReporter ohne Grenzen (ROG) ist besorgt darüber, wie die Staatsspitze in Birma vor der für den 1. April angesetzten Wahl die Medien einschüchtert. In den vergangenen Tagen mussten die Herausgeber mehrerer Zeitungen wegen kritischer oder satirischer Berichte vor der Medienaufsichtsbehörde PSRD erscheinen. "Dies widerspricht den Ankündigungen, die Behörde aufzulösen", so ROG. "Offenbar versuchen die Machthaber, oppositionelle Medien wieder stärker zu kontrollieren."
Noch in der vergangenen Woche hatte der birmanische Informationsminister Kyaw Hsan versprochen, mehr Freiheit in der Berichterstattung zuzulassen. "Diese Doppelzüngigkeit muss aufhören", so ROG mit Blick auf Verwarnungen der Medienaufsichtsbehörde PSRD gegen die oppositionellen Zeitungen Toetakyay und D-Wave.
Die Aufsichtsbehörde hatte den Herausgeber von Toetakyay, Myint Naing, am 23. März zum Verhör geladen. Seine Zeitung hatte den Übergang von der Militärherrschaft zu einer Zivilregierung Ende Februar mit einem ironischen Kommentar bedacht und den ehemaligen Militärführer Ne Win darin als "Ungeheuer" bezeichnet. Nach Angaben des exil-birmanischen Nachrichtenportals Mizzima News beanstandete die PSRD diese und andere Passagen als "obszön" und "nicht im Einklang mit der Politik der Behörde" stehend. Herausgeber Naing musste sich schriftlich dazu verpflichten, künftig mehr auf die Wortwahl in der Zeitung zu achten.
Bereits am 7. Februar lud die Behörde Ohn Kyaing vor, den Herausgeber von D-Wave. Das Magazin der oppositionellen Nationalen Liga für Demokratie (NLD) erscheint seit Januar und hatte am 6. Februar eine Karikatur über die Medienaufsichtsbehörde veröffentlicht. Die Zeichnung zeigt eine Zeitung mit dem Titel "Pressefreiheit", die nicht in den "demokratischen Himmel" aufsteigen kann, weil eine Kette namens Medienaufsicht sie daran hindert.
Daneben gab es allerdings auch Hoffnungszeichen: Der von ROG unterstützte Exil-Radio- und TV-Senders Demokratische Stimme Birmas berichtete am Mittwoch, das Verleumdungsverfahren gegen die Wochenzeitung Modern Weekly und deren Reporter Thet Su Aung sei eingestellt worden. Modern Weekly hatte in einem Bericht Straßenreparaturen in der Gegend um Mandalay kritisiert. Der Kläger, ein Bauingenieur der Regierung, zog die Klage nun überraschend zurück. Kyaw Yin Myint, Vertreter von Modern Weekly, äußerte sich erfreut über diese Entwicklung. Die Regierung versuche offenbar, ihr Verhältnis zu den Medien zu verbessern, sagte Myint. In einem zweiten Verleumdungsprozess gegen die Wochenzeitung The Voice wurde die Anhörung vertagt. Sie sollte ursprünglich am 22. März stattfinden, ein neuer Termin steht noch nicht fest.
Für den 1. April sind in Birma Nachwahlen zum Parlament angesetzt, bei denen erstmals auch die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi als Kandidatin zugelassen ist. Die 66-Jährige war wenige Tage nach der Parlamentswahl am 7. November 2010 nach 15 Jahren aus dem Hausarrest entlassen worden.
Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)