Fromme: Benes-Dekrete sind unvereinbar mit dem Rechtsbestand der Europäischen Unio
Archivmeldung vom 14.11.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAnlässlich der Medienberichte über eine neuerliche Anwendung der Benes-Dekrete durch den Innenminister der Tschechischen Republik, Ivan Langer, erklärt der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme MdB:
Der Teil der Dekrete des Präsidenten Edvard Benes, die sich mit
der deutschen Minderheitsbevölkerung in den Jahren nach dem Zweiten
Weltkrieg in der damaligen Tschechoslowakei beschäftigten, stellen
auch heute noch einen eklatanten Verstoß gegen den Rechts- und
Wertebestand der Europäischen Union dar.
Es ist offensichtlich unzutreffend, was der damalige tschechische
Ministerpräsident Milos Zeman im Jahr 2003 gegenüber dem damaligen
Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte, dass die Benes-Dekrete in
ihrer Wirkung "erloschen" seien. Das Gegenteil ist der Fall, wenn man
eine jüngste Entscheidung des derzeitigen Innenministers der
Tschechischen Republik Ivan Langer berücksichtigt.
In dem seit Jahren schwelenden Verfahren über die Anerkennung der
tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft für den im Jahr 1946
verstorbenen Fürsten Salm-Reifferscheidt, die im engen Zusammenhang
mit den Entscheidungen über das Eigentum der Fürstenfamilie stehen,
hat der tschechische Innenminister nunmehr erneut das Dekret Nr. 33
zur Anwendung gebracht. Durch das Dekret wurde tschechoslowakischen
Staatsbürgern deutscher und ungarischer Nationalität die
tschechoslowakische Staatsbürgerschaft aberkannt, sofern sie nicht
ihrerseits nachweisen konnten, dass sie stets loyal zur
tschechoslowakischen Nation gestanden haben und aktiv gegen das
nationalsozialistische Regime gewirkt haben bzw. von diesem verfolgt
worden sind.
Zwar konnte Salm-Reifferscheidt diesen Nachweis erbringen, ist
aber vor einer endgültigen Entscheidung über seine Staatsbürgerschaft
verstorben. Seit vielen Jahren müssen seine Erben nun zwischen
Gerichtsverfahren und Verwaltungsentscheidungen mit der Tschechischen
Republik um die staatsbürgerschaftliche Anerkennung des Fürsten
ringen.
Dass der tschechische Innenminister nunmehr, und trotz einer
gegenteiligen Entscheidung des Brünner Verfassungsgerichts, an die
zweifelhaften Entscheidungen seiner Vorgänger anknüpft, zeigt, dass
hier noch ein Nachholbedarf der Tschechischen Republik in Bezug auf
die europäische Rechts- und Werteordnung besteht.
Ferner zeigt dieser Fall, dass die Frage des Fortbestands der
Benes-Dekrete auf europäischer Ebene im Vorfeld der Erweiterungsrunde
von 2004 nicht ausreichend verhandelt worden ist.
Für die Europäische Union als Rechts- und Wertegemeinschaft wäre es von größtem Wert, wenn die Tschechische Republik sich endlich zu einem Schlussstrich unter die, gegen die deutsche Volksgruppe gerichteten Dekrete bereit finden würde, die aufgrund ihrer Beweislastumkehr, für die Betroffenen eine Kollektivstrafe darstellen, die einzigartig in der Europäischen Union ist.
Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU - Bundestagsfraktion