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US-Historiker Judt: "Israel-Lobby" versucht Kritiker der amerikanischen und israelischen Politik mundtot zu machen

Archivmeldung vom 02.11.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.11.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Tony Judt, Historiker und Direktor des Remarque-Instituts an der New York University, kritisiert in der ZEIT das geistige Klima in den Vereinigten Staaten. Es herrsche eine Atmosphäre der Angst, des Konformismus und der Einschüchterung. Er selbst habe "im vergangenen Jahr mehrfach Probleme gehabt, Vorträge zu halten".

Gerade die so genannte "Israel-Lobby" versuche, Kritiker der amerikanischen und israelischen Politik mundtot zu machen. "Zugegeben, Israel-Lobby ist eine problematische Bezeichnung, aber man muss die Sache beim Namen nennen. Es ist nun einmal eine Lobby, es gibt ja auch die Waffen- und Öllobbys. Ich nenne es Israel-Lobby, weil es jetzt auch rechte Christen gibt, die wir vor zwanzig Jahren Feinde Israels genannt haben. Sie sind Teil der Lobby. Sie geben Geld, viel Geld. Aber das ursprüngliche Ziel des American Israel Public Affairs Committee in Washington, des American Jewish Committee und der Anti-Defamation League war es, Antisemitismus zu bekämpfen. Heute hat die Israel-Lobby zwei Projekte: Das erste ist, die Interessen Israels, so wie sie sie versteht, zu verteidigen. Das zweite Projekt ist, Kritiker wie mich zum Schweigen zu bringen."

Kritisch äußert sich der in England geborene Judt auch zur amerikanischen Gesellschaft. Ihre "Beziehung zum Rest der Welt ist sehr provinziell. Alle schauen Fox News. Die meisten, auch die meisten Kongressabgeordneten, besitzen keinen Reisepass ... Deshalb überrascht es nicht, dass man dort den Gegensatz 'die und wir' sehr attraktiv findet. Doch kein Imperium kann sich allein auf seine Waffen verlassen. Und das Schlimmste ist: Amerika hat vergessen, was einmal seine größte Errungenschaft war: den Glauben, dass man immer, wenn man für sich selbst handelt, auch für jemand anderen handelt."

Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT

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