Theologe Drewermann: Schulden müssen erlassen werden
Archivmeldung vom 04.04.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEinen Schuldenerlass des Westens für die Länder der »Dritten Welt«, aber auch für Griechenland, fordert der Theologe und Schriftsteller Eugen Drewermann. Im Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung »neues deutschland« verwies der bekannteste Vertreter der tiefenpsychologischen Bibelexegese auf »ein geniales Gesetz in der Thora, also im Gesetzeswerk Mose: Nach sieben Jahren bestehender Schuld ist ein Schuldenerlass zwingend. Wer durch Schuld, durch Schulden zum Sklaven wurde, ist wieder frei.«
Den Zustand, »mit dem der Internationale Währungsfonds, die kapitalistischen Großbanken heute ganze Länder und Kulturen überziehen», bezeichnete er als »Schuldsklaverei«. Drewermann: »Die gesamte Bevölkerung wird haftbar gemacht zur endlosen Rückzahlung von Schulden. Und das soll laufen im Fall Griechenland zum Beispiel 30 Jahre, 40 Jahre. Es ist überhaupt nicht daran gedacht, dass die Bevölkerung je wieder in Freiheit leben könnte. Das Gesetz des Moses sah vor, dass sieben Jahre absolut genug sind, bei jeder Schuld. Und danach muss die Chance für einen Neuanfang sein, sonst bricht die Gesellschaft auseinander. Bei 20 Prozent Zinsen auf Schulden ist es unvermeidbar, dass die Gesellschaft so auseinanderdriftet, dass die Ungleichheit am Ende selbstzerstörerisch wirkt.« Drewermanns in zahlreichen Büchern dargelegte tiefenpsychologische Theologie brachte ihn in Konflikt mit der katholischen Kirche. 1991/92 wurde er mit Entzug von Lehr- und Predigtbefugnis sowie Suspension vom Priesteramt gemaßregelt. 2005 gab er seinen Kirchenaustritt bekannt.
Quelle: neues deutschland (ots)