Politikwissenschaftler: EU-Mercosur-Abkommen fördert Umweltschutz
Archivmeldung vom 20.08.2020
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Freigeschaltet durch André OttDas geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten kann nach Ansicht des Hamburger Politikwissenschaftlers Detlef Nolte einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz in Südamerika leisten.
"Ein Abkommen kann dabei helfen, Druck auf Brasilien auszuüben, um seinen harten Kurs zu ändern. Ohne Vertrag wäre das kaum möglich", sagte der Südamerikaexperte der "Süddeutschen Zeitung".
Er widerspricht damit Umwelt- und Entwicklungsgruppen, die den Handelsvertrag unter anderem wegen Pestizidexporten und anhaltenden Bränden im brasilianischen Amazonasgebiet verhindern wollen. Ein Abschluss des Abkommens dürfe nicht an Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro scheitern, sagte Nolte. "Abkommen werden zwischen Staaten gemacht, das sollte man nicht an einzelnen Personen aufhängen. Auch Bolsonaro wird irgendwann wieder verschwinden." Komme das EU-Mercosur-Abkommen nicht zustande, dürfte das den Einfluss von China und auch den USA in der Region stärken, so Nolte. "Ob das dann besser ist für die Umwelt dort, ist fraglich."
Der Widerstand gegen das Abkommen wächst, auch in Deutschland.
Ein Bündnis von Nichtregierungsorganisationen legt an diesem Donnerstag eine Protestnote vor, in der es vor steigenden Ausfuhren von hochgiftigen Pflanzenschutzmitteln und Nachteilen für EU-Verbraucher warnt, berichtet die SZ. Ihr Ziel ist es, das Abkommen zu stoppen. Die Einwände der NGOs hält Nolte in einzelnen Punkten durchaus für berechtigt. Aus seiner Sicht braucht das Abkommen wirksame Kontrollmechanismen, um etwa Umweltstandards sicherzustellen. "Da muss man genau hinschauen und zur Not noch nachjustieren", forderte er.
"Was genau im Vertragstext steht, wissen wir derzeit aber noch nicht."
Die Mercosur-Länder und die EU haben sich im vergangenen Jahr auf das Abkommen geeinigt, aber es ist noch nicht unterzeichnet. Derzeit wird der Vertragstext noch juristisch geprüft, bevor er den EU-Mitgliedsländern zu Abstimmung vorgelegt wird. Die Bundesregierung will das Abkommen zügig verabschieden und dafür den laufenden EU-Ratsvorsitz Deutschlands nutzen. Vor allem die Auto- und Maschinenbauindustrie wollen durch Zollsenkungen von dem Vertrag profitieren. Das Abkommen wäre wirtschaftlich das bedeutendste, das die EU bislang geschlossen hat. Mit 780 Millionen Konsumenten würde der größte Freihandelsmarkt der Welt entstehen, der ein Viertel der weltweiten Wirtschaftsleistung repräsentiert. Befürworter sehen darin ein wichtiges Gegengewicht zu den großen Wirtschaftsmächten USA und China.
Quelle: dts Nachrichtenagentur