Juso-Chefin Uekermann fordert Stopp der Freihandelsgespräche
Archivmeldung vom 19.09.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer SPD-interne Konflikt um das transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) und das geplante Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit Kanada (CETA) spitzt sich zu: "Wir fordern ein Aussetzen der Verhandlungen, die Verhandlungsziele und die bisherigen Verhandlungsergebnisse müssen für alle Bürger transparent und nachvollziehbar gemacht sowie sehr kritisch überarbeitet werden", sagte die Bundesvorsitzende der Jusos, Johanna Uekermann, dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe).
Die Jusos seien zwar nicht generell gegen Freihandelsabkommen, sagte Uekermann weiter. "Im Falle von TTIP und CETA sind wir jedoch mehr als alarmiert." Sowohl im Verhandlungsmandat über TTIP als auch in der bisher bekannten CETA-Version seien die umstrittenen Investitionsschutzklauseln enthalten, "die für uns unter keinen Umständen tragbar sind", betonte Uekermann. Auch der sogenannte "Negativlistenansatz", der zur Folge hat, dass alle nicht ausdrücklich genannten Dienstleistungen vom Anwendungsbereich des Abkommens erfasst und einer Liberalisierung unterworfen sind und Standstill-Klauseln, die künftige Re-Regulierungen fast unmöglich machten, "höhlen unsere Demokratie aus und dürfen sich deshalb in den Abkommen nicht wiederfinden".
Zu den beiden Handelsabkommen werden mehrere Anträge beim SPD-Parteikonvent am Samstag in der Berliner Parteizentrale erwartet. Der Konvent mit 200 Delegierten ist das höchste Beschlussgremium der SPD zwischen den alle zwei Jahre stattfindenden Bundesparteitagen.
SPD-Chef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will bei dem Konvent für einen kritischen Diskussionsprozess werben. Gabriel hat hierzu mit DGB-Chef Reiner Hoffmann ein Positionspapier erarbeitet, um interne Kritiker einzufangen. Uekermann sagte dazu: "Uns Jusos hat die neue Offenheit des DGB gegenüber TTIP und CETA überrascht."
Bund fordert Nachbesserungen am Handelsabkommen mit Kanada
Das Bundeswirtschaftsministerium verlangt Nachbesserungen am CETA-Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada. So sei das Kapitel zum Investitionsschutz "in der vorliegenden Textfassung für DEU nicht zustimmungsfähig", heißt es der "Süddeutschen Zeitung" zufolge im Protokoll einer Sitzung des handelspolitischen Ausschusses der EU. Dahinter steckt demnach die Befürchtung, der Investorenschutz könne etwa im Falle einer neuen Schulden- oder Bankenkrise hohe Schadenersatzforderungen nach sich ziehen. So wolle die Bundesregierung verhindern, dass im Falle neuerlicher Schuldenschnitte oder Bankenabwicklungen die EU oder einzelne Mitgliedstaaten haftbar gemacht werden können, heißt es in dem Papier.
Zudem gingen in dem Vertragstext bedauerlicherweise selbst Staatsanleihen als Investitionen durch - "und genössen damit den vollen Schutz gegen Enteignung und Diskriminierung", etwa bei Umschuldungen. Auch könnten womöglich ausländische Unternehmen gegen Steuergesetze klagen. Vorrang müssten aber nationales Steuerrecht und geltende Doppelbesteuerungsabkommen haben, forderten die deutschen Vertreter laut SZ bei dem Treffen in der vorigen Woche. Eine Investitionsschutzklausel "für diesen Bereich sei abzulehnen", vermerkt demnach das Protokoll. Die EU-Vertreter hätten kühl reagiert. Die Verhandlungen seien abgeschlossen, beschieden sie. "Sofern man die Verhandlungen wieder öffne, berge dies erhebliche Gefahren für den erfolgreichen Abschluss des Abkommens insgesamt."
Quelle: dts Nachrichtenagentur