Entwicklungsminister zum Weltfrauentag: Corona-Krise droht Gleichberechtigung um Jahre zurückzuwerfen
Archivmeldung vom 08.03.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićZum Weltfrauentag hat Bundesentwicklungsminister Gerd Müller einen neuen Kraftakt gegen Diskriminierung gefordert. "Die Staatengemeinschaft und die EU müssen mehr tun, damit die Gleichberechtigung weltweit nicht um Jahre zurückgeworfen wird", sagte der CSU-Politiker im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Die Corona-Pandemie habe die Ungleichheit schon drastisch verschärft. "Die Folgen der Krise treffen vor allem die ärmsten der Armen und die Frauen. Sie haben als Erste ihre Jobs verloren."
Müller sprach von einer "dramatischen weltweiten Hunger- und Wirtschaftskrise", durch die "schätzungsweise 13 Millionen Mädchen vermehrt zu Früh- oder Zwangsheiraten gedrängt werden". Weitere Folge der Lockdowns sei der Anstieg von häuslicher und sexueller Gewalt. "Experten rechnen mit bis zu 30 Millionen zusätzlichen Fällen. Das ist nicht hinnehmbar. Jeder einzelne Fall ist einer zu viel", sagte er. "Gerade in der Corona-Krise müssen wir weiter für die Rechte und Chancen von Frauen weltweit kämpfen."
Konkret forderte der Minister mehr Präventionsmaßnahmen gegen sexuelle Gewalt und Zwangsverheiratung. Und die Teilhabe von Frauen am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben müsse deutlich gestärkt werden. "Das ist auch der beste Weg, den Wiederaufbau nach der Corona-Krise anzugehen", betonte der CSU-Politiker.
Auch mit Blick auf das Leid der Frauen warf Müller den westlichen Staaten einen Impfnationalismus vor. "Bislang finden nur 0,5 Prozent der Impfungen in den ärmsten Ländern statt. Die reichen Länder haben sich zwei Drittel der Impfdosen gesichert, obwohl sie nur 16 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen", kritisierte der Minister. Und erst jetzt seien die ersten Impfungen in Afrika angekommen. "Frauen müssen bei der Verteilung besonders berücksichtigt werden", forderte er. "Denn weltweit sind bis zu 70 Prozent des Personals in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen Frauen. Sie tragen ganz wesentlich dazu bei, die Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten, und sind gleichzeitig besonders von Ansteckungen bedroht."
Es sei fatal, dass die Staatengemeinschaft nicht genug Mittel für Impfstoffe auf der Südhalbkugel bereitstelle, beklagte der Minister weiter. "Eine weltweite Impfkampagne darf nicht am Geld scheitern - aus humanitären Gründen, aber auch aus unserem eigenen Interesse. Sonst kommt das Virus mit der nächsten Welle zu uns zurück."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)