Julija Timoschenko: "Wir dürfen Putin keinen Meter unseres Bodens überlassen"
Archivmeldung vom 04.03.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.03.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie ukrainische Ex-Regierungschefin Julija Timoschenko sieht das russische Vorgehen auf der Krim als eine Gefahr "für Europa, für die ganze Welt". Im einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern sagt sie: "Wenn wir Russland erlauben, die Krim einzunehmen, dann ist nicht nur die Ukraine bedroht, es ist ein Angriff auf die ganze demokratische Welt." Timoschenko fordert von der internationalen Gemeinschaft "schnelle, starke und entschlossene Schritte". Das sei "besser als langwierige und nutzlose Verhandlungen".
Timoschenko kündigt an, die Ukraine werde sich für den Fall eines offenen russischen Angriffs gemäß dem Budapester Memorandum an ihre Partner wenden. Die Ukraine habe 1994 ihre Atomwaffen abgegeben - im Gegenzug hätten die USA und Großbritannien garantiert, das Land bei Angriffen militärisch zu unterstützen. "Der Westen muss die Garantien des Memorandums erfüllen", unterstreicht die Politikerin: "Das ist vertraglich vorgesehen." Wenn die Bündnispartner die Ukraine militärisch unterstützten, werde sich Russland automatisch zurückziehen: "Dann gibt es keinen Krieg." Denn der russische Präsident Wladimir Putin verstehe "nur die Sprache der Stärke", so die 53-Jährige zum stern.
Die vor zehn Tagen aus dem Gefängnis entlassene Ex-Ministerpräsidentin wirft Russland vor, es wolle "die Ukraine mit Gewalt zurückerobern". Putin brauche die Ukraine, "um sein neues Imperium aufzubauen". Er wolle, "dass das ganze Land unter russischem Einfluss steht". Dies werde er "so lange versuchen, wie die Welt es zulässt". Deshalb gelte: "Wir dürfen ihm keinen Meter ukrainischen Boden überlassen."
Timoschenko verlangt in dem stern-Interview, die Ukraine schnell in die europäische Gemeinschaft aufzunehmen: "Deshalb fordere ich, das Assoziierungsabkommen mit der EU so schnell wie möglich zu unterschreiben, noch während dieser Krise." Das bedeute zusätzlich Schutz.
Die Vorsitzende der konservativen Vaterlandspartei, deren Partei zurzeit den Interimspräsidenten und den Übergangsministerpräsidenten stellt, spricht sich zudem für einen Nato-Beitritt der Ukraine aus. "Russland würde es nicht wagen, gegen die Ukraine so aggressiv vorzugehen, wenn unser Land stärker in westliche Bündnisse eingebunden wäre, zum Beispiel in die Nato. Früher war die Mehrheit der Ukrainer dagegen. Doch das hat sich mittlerweile verändert."
Dem ins russische Exil geflüchteten Ex-Präsident Viktor Janukowitsch sollte ihrer Ansicht nach der Prozess gemacht werden: "Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn jemand, der so viel Blut an den Händen hat, in die Ukraine zurückkommt. Deshalb sollte er nicht vor ein ukrainisches Gericht, sondern vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag."
Quelle: Gruner+Jahr, stern (ots)