Norbert Blüm in Idomeni: "Stacheldraht gegen Kinder. Europa, schäm dich!"
Archivmeldung vom 14.03.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Ich möchte nicht einfach nur so durch das Lager gehen wie ein Tourist. Ich möchte ein Stück Dasein teilen, das Elend teilen." Der frühere Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU), der mit stern TV am Wochenende an die griechisch-mazedonische Grenze gereist war, hat von Samstag auf Sonntag zwischen den Flüchtlingen im Auffanglager Idomeni gezeltet. Er wolle sich auf die gleiche Ebene mit denen begeben, die dort Not leiden, begründete Blüm seine ungewöhnliche Reise. Er käme sich komisch vor, "wenn ich durch die Elendsquartiere gehe und nach zwei Stunden wieder zurückkehre." Wenigstens ein Augenblick Solidarität wolle er zeigen mit denen, die in Idomeni frieren.
Für Teile der europäischen Politik fand Blüm zudem kritische Worte: "Mit den Orbans ist kein Europa zu machen. Mit der österreichischen Regierung auch nicht, mit der polnischen und der tschechoslowakischen auch nicht." Angesichts der unmenschlichen Bedingungen im Lager, das im Schlamm versinkt und von Stacheldraht begrenzt ist, fehlten Blüm fast die Worte. "Schwer bewacht, schwer beschützt vor den Kindern. Stacheldraht gegen Kinder, nicht gegen Armeen. Hier sollen Kinder hängen bleiben und nicht durchkommen. Das ist keine Panzersperre, das ist eine Menschensperre. Europa, schäm dich!"
Blüm war bereits am Freitag mit stern TV nach Idomeni gereist, um sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen - "damit man nicht nur reden kann über das, was man erzählt bekommen hat." Direkt nach seiner Ankunft hatte Blüm die Verhältnisse vor Ort als Anschlag auf die Menschlichkeit bezeichnet: "Diese Art von Brutalität ist unwürdig der europäischen Kultur", so Blüm.
Am Mittwochabend wird Blüm bei Steffen Hallaschka im stern TV-Studio zu Gast sein und live über seine Erfahrungen im Lager Idomeni, in dem mehr als 12.000 Flüchtlinge festsitzen, berichten.
Quelle: STERN TV (ots)