Pakistan: Viele Erdbebenopfer vor dem Winter noch ohne feste Behausung
Archivmeldung vom 04.10.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlEin Jahr nach dem schweren Erdbeben in Nordpakistan kommt der Wiederaufbau nach Einschätzung des Hilfswerkes "Shelter Now" eher schleppend voran. Am 8. Oktober 2005 hatten die Erdstöße 80.000 Todesopfer gefordert, über 3 Millionen Menschen wurden obdachlos.
"Es ist zu befürchten, dass viele Tausend bei
Wintereinbruch kein festes Dach über dem Kopf haben", erklärte der
deutsche "Shelter Now"-Direktor Udo Stolte (Braunschweig) nach einer
Reise durch die Region.
Nachdem die pakistanische Regierung im Frühjahr die Zeltlager der Erdbebenopfer aufgelöst hatte, seien die meisten an ihre Wohnorte zurückgekehrt. Finanzielle Hilfen für den Wiederaufbau zahle die Regierung an Familien, denen das Land, auf dem sie leben, auch gehöre, sagte Stolte. "Viele andere beginnen, auch ohne Unterstützung ihre Häuser neu zu errichten, viele leben nach wie vor unter provisorischen Schutzvorrichtungen (Shelter) oder in Zelten." Ein Jahr nach der Naturkatastrophe haben nach offiziellen Angaben immer noch 25.000 Familien keines der aus Wellblechteilen bestehenden "Shelter" erhalten.
Derzeit bereite seine Organisation die Verteilung von 2.000
solcher Schutzdächer vor, so der "Shelter Now"-Direktor weiter. Bei
entsprechendem Spendenaufkommen könnten bis zu 5.000 bereitgestellt
werden. Udo Stolte wörtlich: "Die Bevölkerung hat Angst vor einem
strengen Winter, nach dem der letzte gottlob besonders mild war." Im
Winter 2005/2006 hatte "Shelter Now" an 12.500 Familien sogenannte
"Winter Kits" verteilt und damit 75.000 Menschen das Überleben
gesichert. 10.000 Menschen versorgte das Hilfswerk täglich mit einer
warmen Mahlzeit. Für 1000 Witwen mit ihren Kindern wurde die
Lebensmittelhilfe bis heute fortgesetzt. Am Bau von Wohnhäusern seien
die Hilfsorganisationen nicht beteiligt, so Stolte.
Beginnen wird Shelter Now in Kürze mit dem Wiederaufbau zerstörter Schulen. Rund 100 Unterrichtsgebäude wolle das Hilfswerk binnen zwei Jahren errichten, so Stolte, die ersten 20 im stark geschädigten Abottabad-Distrikt. Erfolgreich arbeitet seit einem Jahr ein Pilotprojekt zur Fischzucht nahe Peshawar. Die vom Beben betroffenen Gebirgsbewohner haben die Organisation gebeten, auch in ihrer Region Fischfarmen einzurichten, die ihnen eine neue Existenzgrundlage schaffen sollen. Im Frühjahr sollen zwei neue Forellenfarmen den Betrieb aufnehmen.
Die Überlebenden im Erdbebengebiet sind laut Stolte zunehmend
durch Erdrutsche und Überschwemmungen gefährdet. "Die Berghänge sind
mürbe, schon der übliche Regen führt zu Abbrüchen, durch die auch
Straßenverbindungen immer wieder gekappt werden." Im Juli hatte
Monsunregen schwere Überschwemmungen ausgelöst, durch die viele
Häuser weggespült wurden, es gab Dutzende Tote. Der Monsun habe so
schwere Schäden angerichtet, weil Flussbetten nach dem Erdbeben durch
Geröll und Felsen blockiert seien, sagte Stolte.
Shelter Now ist ein internationales Hilfswerk mit Koordinierungsbüro in Deutschland. Seit 1983 ist es in Pakistan unter dem Namen "Shelter Now International Pakistan" und seit 1988 in Afghanistan als "Shelter Now International Afghanistan" tätig. Der Name der Organisation in Deutschland lautet "Shelter Now Germany e.V.". Shelter finanziert seine Hilfsaktionen zu einem großen Teil aus privaten Spenden.
Quelle: Pressemitteilung Shelter Now Germany e.V.