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ROG: Angriffe auf Journalisten bei Protesten nach Studenten-Morden in Mexiko untersuchen

Archivmeldung vom 26.11.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.11.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Logo - Reporter ohne Grenzen e.V.
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Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert die mexikanischen Behörden auf, die zahlreichen Angriffe auf Journalisten bei den Protesten gegen die mutmaßliche Ermordung von 43 Studenten zu untersuchen und zu verfolgen. Seit Anfang November wurden bei den Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei mindestens 21 Journalisten verletzt, einige davon durch gezielte Angriffe aus den Reihen der Demonstranten wie auch der Polizei.

"Diese Häufung von Angriffen zeigt auf erschreckende Weise, wie alltäglich in Mexiko Gewalt gegen Journalisten ist, die über Demonstrationen berichten", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die mexikanischen Behörden müssen jeden einzelnen dieser Angriffe untersuchen und die Verantwortlichen - gleich ob Demonstranten oder Polizisten - zur Rechenschaft ziehen."

Allein bei Protesten in Mexiko-Stadt in der vergangenen Woche wurden nach ROG-Informationen mindestens 14 Journalisten verletzt (http://t1p.de/8nun). Während einige zufällig Opfer der Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Polizei wurden, wurden andere gezielt attackiert.

VON POLIZISTEN GEWÜRGT, KAMERAS ABGENOMMEN

Der AP-Fotograf Eduardo Verdugo etwa berichtete, als er die Festnahme einer Gruppe von Jugendlichen beobachtet habe, sei er von einem Zivilpolizisten geschubst worden. Mehrere Polizisten hätten ihn dann aufgefordert, ihnen seine Kameras zu übergeben. "Obwohl ich mich als ordentlich akkreditierter Journalist auswies, warfen sie mich zu Boden", sagte Verdugo. "Einer der Polizisten erdrosselte mich fast, und ich sagte ihm, dass ich kaum Luft bekomme. Schließlich ließ ich meine Kameras los." Die Polizisten hätten die Kameras mitgenommen; eine Beschwerde bei der Polizei sei folgenlos geblieben.

Eduardo Miranda vom Magazin Proceso berichtete, als eine Demonstration am 20. November in Ausschreitungen gekippt sei, habe er zu fotografieren begonnen. Dabei habe er gesehen, wie ein Polizist etwas auf ihn geworfen und ihn getroffen habe; sein rechtes Bein sei so stark verletzt worden, dass es genäht werden musste. Maria Idalia Gomez von der Webseite Eje Central machte mit ihrem Handy Fotos von einer Demonstration, als eine Gruppe Maskierter sie angriff und zu Boden warf. "Ich versuchte, meine Ausrüstung zu schützen, und brach mir dabei mein linkes Handgelenk", sagte sie. "Ich bin mir sicher, dass ich herausgegriffen wurde, weil sie gesehen hatten, wie ich Fotos von den Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten machte."

Mindestens sieben Journalisten wurden am 11. November bei Ausschreitungen in Chilpancingo angegriffen, der Hauptstadt des Bundesstaates Guerrero, in dem die 43 Studenten verschwanden (http://t1p.de/t9i0). Carlos Navarrete Romero von der Zeitung El Sur Acapulco wurde nach eigenen Angaben von Polizisten mit Steinen beworfen und getroffen, obwohl er sich eindeutig als Journalist ausgewiesen habe. Zwei andere Pressefotografen, Sebastian Luna und Anwar Delgado Peralta, versuchten Romero zu schützen und wurden dabei selbst verletzt. Am Tag darauf demonstrierten Journalisten mexikanischer und internationaler Medien vor dem Sitz der Staatsregierung und verlangten ein Ende der Angriffe auf Medienschaffende.

ALLEIN IN DIESEM JAHR SIEBEN JOURNALISTEN ERMORDET

Mexiko ist für Journalisten das gefährlichste Land auf dem amerikanischen Kontinent: Seit dem Jahr 2000 wurden dort mehr als 80 Medienschaffende ermordet (http://t1p.de/w96a). Die Hintergründe sind nicht immer geklärt, aber in allen Fällen erscheint ein Zusammenhang mit der Arbeit der Opfer als sicher oder sehr wahrscheinlich. Meist erregten sie Anstoß, weil sie über Behördenversagen und Machtmissbrauch, Menschenrechtsverletzungen, Drogengeschäfte und Korruption recherchierten.

Allein in diesem Jahr sind schon sieben Journalisten in Mexiko ermordet worden, darunter der Radiomoderator Atilano Roman, der im Oktobr während einer Live-Sendung vor den Ohren seiner Zuhörer erschossen wurde (http://t1p.de/qmou). Im jüngsten Fall wurde Antonio Gamboa Urias vom investigativen Magazin Nueva Prensa im Bundesstaat Sinaloa entführt und 13 Tage später von Kugeln durchsiebt gefunden. Sein Magazin berichtet häufig über Korruption und Kriminalität, und Urias selbst hat sich aktiv an Protesten gegen ein geplantes Gesetz beteiligt, das solche Berichte erschweren würde. Dennoch sperrt sich die örtliche Staatsanwaltschaft dagegen zu untersuchen, ob seine Ermordung mit seiner Arbeit als Journalist zusammenhängt (http://t1p.de/kjuz).

Internationale Schockwellen löste der Mord an der Bürgerjournalistin Maria del Rosario Fuentes Rubio aus (http://t1p.de/kjao), die per Twitter anonym Informationen an den Online-Informationsdienst Valor por Tamaulipas (https://twitter.com/ValorTamaulipas) geliefert hatte. Dieser berichtet trotz eines von einer Verbrecherbande ausgesetzten Kopfgelds von 45.000 Dollar über Gewalttaten im Bundesstaat Tamaulipas und füllt damit eine Lücke, die durch die Selbstzensur traditioneller Medien entstanden ist, die die Vergeltung der Kriminellen für unliebsame Berichte fürchten.

Anfang November zeichnete ROG die mexikanische Reporterin Sanjuana Martinez als Journalistin des Jahres 2014 aus, weil sie trotz Drangsalierungen und Todesdrohungen über Themen wie den sexuellen Missbrauch von Frauen und Kindern oder über den Drogenhandel recherchiert (http://t1p.de/hrv1).

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Mexiko auf Platz 152 von 180 Ländern. Weitere Informationen zur Lage der Journalisten in Mexiko finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/mexiko/.

Quelle: Reporter ohne Grenzen e.V. (ots)

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