Nach Amoklauf: US-Vizepräsident Biden soll Taskforce zu Waffengesetzen leiten
Archivmeldung vom 20.12.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNach dem Schul-Amoklauf von Newtown hat US-Präsident Barack Obama erste Schritte zu einer möglichen Verschärfung der Waffengesetze eingeleitet. Wie der US-Präsident am Mittwoch mitteilte, solle Vizepräsident Joe Biden eine Taskforce leiten, die bis Januar Vorschläge für mögliche Gesetzesänderungen ausarbeiten soll. Die Vorschläge wolle Obama dann "ohne Verzögerung" umsetzen.
Der US-Präsident gilt schon länger als Befürworter eines strengeren Waffengesetzes in den Vereinigten Staaten und hatte bereits am Dienstag seine Unterstützung für ein geplantes Gesetz zum Verbot von Sturmgewehren angekündigt. Obama will eine Initiative der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein unterstützen, die ein Verbot von Sturmgewehren und von Magazinen mit mehr als zehn Patronen vorsieht. Das Gesetz will Feinstein Anfang Januar 2013 in den Kongress einbringen.
Außerdem will der US-Präsident sich für ein Gesetz stark machen, das den Verkauf von Waffen durch Privathändler ohne Überprüfung der Käufer verbietet.
In Newtown im US-Bundesstaat Connecticut hatte am vergangenen Freitag ein 20-Jähriger seine Mutter, sowie sechs Erwachsene und 20 Kinder an einer Grundschule erschossen, anschließend tötete er sich selbst. Der Amoklauf löste in den USA eine Debatte über das traditionell liberale Waffenrecht aus. Obama hatte bislang nur "bedeutsames Handeln" gefordert, da derartige Tragödien zu häufig passierten.
Autisten kritisieren Berichterstattung zu Newtown-Amoklauf
Die Medienberichterstattung zum Newtown-Amoklauf zieht zunehmend Kritik auf sich. Vom sogenannten "Asperger-Syndrom" Betroffene beschwerten sich, durch zahlreiche Artikel verunglimpft zu werden. So hatten Medien rund um den Globus spekuliert, dass der Amokläufer ein Autist mit der Diagnose "Asperger" gewesen sein könnte und die Krankheit mit den Taten in direkte Verbindung gebracht.
Die Piratenpartei Deutschland legte wegen eines Spiegel-Online-Artikels mit der Überschrift "Asperger-Syndrom: Blind für die Emotionen anderer Menschen" beim deutschen Presserat Beschwerde ein. "Der Artikel erweckt beim oberflächlichen Lesen den Eindruck, es gebe einen Zusammenhang zwischen dem Amoklauf in Newtown und Autismus. Neben der Tatsache, dass es bei dem Täter keine Diagnose gab, suggeriert der Artikel Autismus als Ursache des Amoklaufs", hieß es in einer Mitteilung.
Auch der Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus meldete sich zu Wort: "Wir möchten in deutlicher Form darauf hinweisen, dass es generell keinerlei Verbindung zwischen Autismus und geplanten Gewalttaten gibt. Es gibt überhaupt keinen Grund zu der Annahme, dass Menschen mit Autismus in besonderer Weise zu Gewalttaten neigen und diese gezielt verüben", teilte der Verein mit.
In Blogs und sozialen Netzwerken hagelte es ebenfalls Kritik, insbesondere von Betroffenen: "Wenn man in den Medien das Bild eines Amokläufers sieht und dick darüber oder nebendran etwas von Autismus steht tut das weh. Es verletzt. Und es macht Angst", schreibt ein Autist in dem Blog "quergedachtes".
Mann erschießt drei Menschen und begeht Selbstmord
In der Nähe von Denver im US-Bundesstaat Colorado hat sich am Dienstag eine tödliche Schießerei ereignet. Wie "USA Today" berichtet, sei am frühen Dienstagmorgen ein Notruf bei der Polizei eingegangen. Eine Frau konnte noch die Adresse nennen, bevor mehrere Schüsse zu hören waren. Daraufhin meldete sich ein Mann am Telefon und kündigte an, sich selbst zu erschießen. Als die Polizei vor Ort eintraf, wurden zwei Männer und zwei Frauen tot aufgefunden. Über die Hintergründe des Vorfalls, der sich in einer Wohnmobilanlage ereignete, gibt es noch keine Informationen.
Infolgedessen entwickelt sich in den USA derzeit eine Diskussion über eine Veränderung der Waffengesetze.
Leiter von Winnender Realschule gegen Bewaffnung von Lehrern
Der Schulleiter der Albertville-Realschule in Winnenden hält die in den USA nach dem dortigen Amoklauf geäußerte Idee, Lehrer zu bewaffnen, für abwegig. "Ich halte das für eine völlig falsche Lösung", sagte Sven Kubick am Dienstagmorgen dem "Deutschlandfunk". Wenn sich die Schüler in der Schule wohlfühlten, sei dies die beste Prävention. Schule solle nicht als Druck empfunden werden, sondern als "Lebensort". Dennoch gebe es in seiner Schule mittlerweile schärfere Sicherheitsvorkehrungen: Man kommt nur mit einem Chip in die Klassenzimmer, in jedem der Räume gibt es zudem einen Alarmknopf, der aber nur von den Lehrern ausgelöst werden kann, so Kubick. Eingangskontrollen gebe es nicht, allerdings sei der Eingangsbereich sehr gut einsehbar, man merke sofort, wenn jemand Fremdes die Schule betrete, sagte der Schulleiter weiter.
Die Albertville-Realschule in Winnenden erlangte durch den Amoklauf am 11. März 2009 traurige Berühmtheit, als der 17-jährige Tim K. 15 andere Menschen und zuletzt sich selbst tötete, nachdem er erst nach mehrstündiger Flucht von der Polizei gestellt worden war.
Quelle: dts Nachrichtenagentur