Bush-Administration legt Berufung gegen Freilassung von Uiguren in Guantanamo ein
Archivmeldung vom 09.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEin amerikanisches Bundesgericht hat am 8. Oktober 2008 entschieden, die Freilassung von 17 Uiguren aus dem Militärgefängnis von Guantanamo Bay zu blockieren, nachdem die Bush-Administration Berufung gegen das Urteil des Amtsrichters Ricardo Urbina einlegte.
Urbina hatte am 7. Oktober die Freilassung der Uiguren angeordnet. Der Amtsrichter begründete sein Urteil damit, dass eine weitere Inhaftierung gegen das Gesetz verstoße, da die amerikanische Verfassung eine unbegründete unbegrenzte Haft verbiete. Außerdem lägen keinerlei Beweise dafür vor, dass die Gefangenen "feindliche Kämpfer" seien. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) verurteilt das Verhalten der Bush-Administration und fordert die sofortige Freilassung der Uiguren.
Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hatte im Juni 2008 entschieden, dass amerikanische Amtsgerichte die Guantanamo-Fälle überprüfen und neu verhandeln dürften. Auf der Basis dieser Entscheidung konnte Amtsrichter Urbina die Freilassung von 17 Uiguren aus dem Guantanamo-Gefängnis anordnen. Mit seinem Urteil hatte Urbina sich eindeutig gegen die Haltung der Bush-Regierung gestellt.
In einer Stellungnahme erklärte das Weiße Haus, dass es dem Urteil vehement widerspreche und Notmaßnahmen einleiten würde, um die Freilassung zu verhindern. Die Bush-Administration legte bei der nächsten Instanz, einem Bundesgericht, Berufung gegen das Urteil Urbinas ein. Das Bundesgericht gab dem Gesuch statt, wodurch das Urteil Urbinas vorerst blockiert wurde.
"Der Unwille der Bush-Regierung, ihre Fehler in Guantanamo einzugestehen, und die Blockade des Urbina-Urteils wird eine Welle der Empörung in der islamischen Welt auslösen. Die nun stattfindenden juristischen Spielereien stehen in keinem Verhältnis zu der bisherigen unbegründeten Haftdauer. Die IGFM verurteilt das Verhalten der Bush-Administration und fordert die sofortige Freilassung der Uiguren", erklärt Karl Hafen, geschäftsführender Vorsitzender der IGFM.
Freilassung auf Druck von China verzögert
Eine Reihe der in Guantanamo festgehaltenen Uiguren war 2001 wegen der Luftangriffe aus Flüchtlingscamps in Afghanistan nach Pakistan geflüchtet. Dort wurden sie festgenommen, dem amerikanischen Militär übergeben und ins Militärgefängnis von Guantanamo Bay gebracht. Bereits 2004 wurden die Uiguren von allen Anklagen freigesprochen und sollten entlassen werden.
Da die Volksrepublik China die Auslieferung der Männer forderte, fürchteten diese in China Vergeltungsmaßnahmen bei einer Rückkehr. Die chinesische Regierung behauptet, die Männer wären Mitglieder der in China verbotenen Ost-Turkestan Islamischen Bewegung (ETIM), und bezeichnet sie als "Terroristen". Des Beweises für diese Behauptung blieb China bisher schuldig. Die Asylanträge der Uiguren, die sie bei verschiedenen Nationen stellten, wurden abgelehnt, da China Druck auf die jeweiligen Regierungen ausübte.
Falls das Urteil von Urbina durch das Berufungsgericht nicht verworfen wird, muss erneut nach einem Aufenthaltsland für die ehemaligen Häftlinge gesucht werden. Diese haben mittlerweile eine Rückkehrmöglichkeit zu ihren Familien in ihrer Heimatregion Xinjiang aufgegeben. 2006 waren fünf Uiguren aus Guantanamo entlassen und von dem armen Land Albanien trotz der Proteste Chinas aufgenommen worden. Die reichen europäischen Demokratien allerdings lehnten bisher die Aufnahme der Uiguren aus Rücksicht auf China ab.
Quelle: Internationale Gesellschaft für Menschenrechte IGFM