Erneut tödliche Zusammenstöße in Ägypten
Archivmeldung vom 16.08.2013
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.08.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Manuel SchmidtIn Ägypten ist es am Freitag erneut zu tödlichen Zusammenstößen zwischen den Muslim-Brüdern und den Sicherheitskräften gekommen. Nach offiziellen Angaben wurden bis zum Freitagnachmittag mindestens 17 Menschen getötet.
Die schwersten Unruhen gab es in der ägyptischen Hauptstadt Kairo: Nach den Freitagsgebeten kam es vor zahlreichen Moscheen in der Stadt zu Demonstrationen, die Muslim-Brüder riefen ihre Anhänger dazu auf, zu einem Platz nahe des Zentralbahnhofs von Kairo zu ziehen. Im Zentrum der Stadt kam es in der Folge zu schweren Straßenschlachten. Unterdessen kam es auch in anderen Ländern zu Demonstrationen von Muslimen, die ein Ende des Blutvergießens in Ägypten forderten: Allein in Indonesien gingen nach den Freitagsgebeten Tausende Menschen auf die Straßen.
Krise in Ägypten: Merkel und Hollande stimmen weiteres Vorgehen ab
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die angespannte Lage in Ägypten mit dem französischen Präsidenten François Hollande telefonisch besprochen und vereinbart, sich zur weiteren Entwicklung in Ägypten eng abzustimmen.
"Die Bundeskanzlerin und Staatspräsident Hollande verfolgen die Entwicklung in Ägypten mit großer Sorge und mit Entsetzen über die hohe Zahl der Todesopfer und Verletzten", teilte das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung mit. Sie seien sich einig, dass jedes weitere Blutvergießen verhindert werden müsse und forderten alle Seiten auf, auf jede weitere Gewaltanwendung zu verzichten.
Es bestehe Einigkeit, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten möglichst rasch Beratungen über die Lage in Ägypten aufnehmen und eine gemeinsame Position entwickeln sollen. Merkel und Hollande begrüßten daher die Initiative der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, umgehend die Botschafter in Brüssel zusammenzurufen.
Merkel fordert Ende der Gewalt in Ägypten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ein Ende der Gewalt in Ägypten gefordert. "Gewalt darf in keinem Falle ein Mittel zur Lösung der Probleme sein", sagte Merkel im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagausgabe). Die Bundesregierung sei "sehr besorgt" über die Vorgänge in Ägypten, so die Kanzlerin weiter. "Die ägyptische Gesellschaft ist heute politisch tief gespalten."
In einer solchen Situation gebe es die Möglichkeit zu vermitteln, was Deutschland in enger Abstimmung mit Amerika, der Europäischen Union und den arabischen Partnern auch getan habe. "Unsere Überzeugung ist auch weiterhin, dass Ägypten die Krise nur überwinden kann, wenn der Einstieg in einen friedlichen politischen Prozess gefunden wird, der für alle politischen Kräfte offen ist und keine Partei ausschließt", sagte die Bundeskanzlerin.
Merkel zeigte sich zudem überzeugt davon, dass Ägypten und anderen Ländern der arabischen Welt, in denen es zu Umbruchprozessen kommt, nur eingeschränkt von außen geholfen werden kann. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten hätten sich vom Beginn der Umbrüche an in den Ländern des arabischen Frühlings engagiert. Schon 2011 seien zusätzliche EU-Mittel zur Förderung des politischen Demokratisierungsprozesses, zur Entwicklung der Zivilgesellschaft und zur Begleitung wirtschaftlicher Reformen bereitgestellt worden. Die Bundeskanzlerin schränkte jedoch ein: "Wir können den Ländern der Region helfen, aber den richtigen Weg können die Gesellschaften nur alleine finden."
Linken-Politiker van Aken kritisiert westliche Unterstützung der ägyptischen Militärregierung
Jan van Aken, stellvertretender Parteivorsitzender und außenpolitischer Sprecher der Linken, kritisiert, dass die Absetzung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi nicht von vornherein als "Militärputsch" bezeichnet worden ist.
Wie er im Deutschlandfunk sagte, sei der zentrale Fehler im Umgang mit Ägypten bereits vor Wochen bei der Absetzung Mohammed Mursis begangen worden: Die westlichen Staaten hätten den gleichen Fehler wie bei Mubarak und in vielen anderen Staaten gemacht, auf eine "harte Hand" zu hoffen, die für Ruhe und Stabilität sorge. Es sei zwar völlig legitim gewesen, Mursi abzusetzen, aber "man hätte von vornherein diese Militärregierung kritisch begleiten müssen und nicht unterstützen", so van Aken weiter.
Kauder gibt Muslimbrüdern Verantwortung für Lage in Ägypten
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sieht die Muslimbrüder für die dramatische Lage in Ägypten verantwortlich. "Nach wie vor gilt, dass die Muslimbrüder ihren Widerstand aufgeben und sich an einem Dialog der nationalen Aussöhnung beteiligen sollten", sagte Kauder der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe).
Natürlich sei Mursi rechtmäßig gewählt worden. "Die Muslimbrüder und er haben aber dann versucht, Ägypten Schritt für Schritt in einen Gottesstaat zu verwandeln. Sie tragen damit zentrale Verantwortung für die heutige Situation." Kauder sagte: "Am meisten mache ich mir um die Christen Sorgen."
Die Islamisten machten sie nun zur Zielscheibe ihres Hasses - ähnlich wie es einmal im Irak gewesen sei. "Die islamischen Länder sollten die radikalen Muslime aufrufen, die Christen und ihre Kirchen zu schonen", sagte Kauder. "Wenn, dann haben nur sie Einfluss auf die Muslimbrüder. Auch die Türkei sollte hier aktiv werden."
CDU-Tourismusexperte: Gewalt in Ägypten ist am Roten Meer angekommen
Die Situation für Touristen auch in den ägyptischen Urlaubsregionen kann sich nach Ansicht des Vorsitzenden des Tourismusausschusses des Bundestags Klaus Brähmig (CDU) täglich ändern. Nach dem Tod eines Demonstranten in dem Badeort Hurghada sagte Brähmig der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Nun scheint die Gewalt auch in den Urlaubsregionen am Roten Meer angekommen zu sein".
Wer die Berichte in den Medien verfolge, gehe in der Situation sicherlich nicht ins Reisebüro und buche Ägypten. Brähmig hatte sich bereits kurz nach der Absetzung des ägyptischen Staatspräsidenten Mohammed Mursi Anfang Juli öffentlich Sorgen über die Sicherheit deutscher Touristen in dem Land am Nil gemacht. Damit hatte er sich den Zorn der Reisebranche zugezogen, die ihm Panikmache vorwarf.
Angesichts der jüngsten Entwicklung appellierte Brähmig nun an die gemeinsame Verantwortung: "Mit gegenseitigen Vorwürfen ist keinem geholfen. Wichtig allein ist die Sicherheit der Urlauber. Deshalb meine Bitte an die Veranstalter: Seien Sie großzügig, was die Möglichkeit von Umbuchungen oder Stornierungen angeht. Ich bin sicher, die Urlauber werden Kulanz nicht vergessen. Es trägt zum positiven Image der ganzen Branche bei."
Quelle: dts Nachrichtenagentur