Geheimverhandlungen zwischen BND und Syrien im Fall Haydar Zammar
Archivmeldung vom 03.05.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Verantwortlichen des Bundesnachrichtendienstes (BND) haben im Falle des Deutsch-Syrers Mohammed Haydar Zammar im Geheimen mit Syrien verhandelt und dabei das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages hintergangen. Nach Recherchen des Hamburger Magazins stern waren die deutschen Geheimdienste ständig über die Ausreise Zammars nach Marokko auf dem Laufenden.
Zammar wird
verdächtigt, Verbindungen zu den Hamburger Todespiloten des 11.
September 2001 gehabt zu haben und Kontaktmann zum Terrornetzwerk
Al-Qaeda zu sein. Seine Verhaftung in Marokko sowie seine
Auslieferung an Syrien mit Hilfe der CIA geschah allem Anschein nach
mit Wissen und Billigung der deutschen Behörden. Sie haben nach
stern-Informationen amerikanische wie auch marokkanische Stellen mit
entsprechenden Hinweisen versorgt und damit erst möglich gemacht,
dass der Deutsch-Syrer verschleppt werden konnte.
Während der damalige Präsident des BND, August Hanning, bei einer
Anhörung vor dem Innenausschuss des Bundestages noch im Dezember 2005
den Eindruck erweckte, man habe erst Monate später von Zammars
Entführung erfahren, belegen Dokumente, die der stern einsehen
konnte, dass die Spitze des Dienstes über die Auslieferung des
Deutsch-Syrers an den Folterstaat Syrien umgehend informiert worden
war. Ein hochrangiger deutscher Sicherheitsbeamter sagt dazu zum
stern: "Gehen Sie davon aus, dass die Verhaftung das Resultat einer
gemeinsamen Operation amerikanischer und deutscher Behörden war."
Als die Abgeordneten des parlamentarischen Kontrollgremiums im Mai
2002 in einem Falcon-Jet von BND-Chef Hanning in die syrische
Hauptstadt Damaskus flogen, ließ der Dienst seine Kontrolleure
darüber im Unklaren, dass Zammar dort bereits im Gefängnis saß und
die Deutschen zu seiner Verhaftung beigetragen hatten. Die
Parlamentarier waren von Hanning und Geheimdienstkoordinator Ernst
Uhrlau nach Syrien geschickt worden, um als Türöffner für zukünftige
Zusammenarbeit zu fungieren. Dass es dabei in Wahrheit vor allem
darum ging, Zammar im Folterkeller durch Deutsche verhören zu lassen,
verschwiegen sie der Delegation.
Uhrlau und Hanning arbeiteten eng mit zwei hochrangigen syrischen Geheimdienstlern zusammen, die als Drahtzieher für den Mord am ehemaligen libanesischen Premier Rafik Hariri gelten. Einer von ihnen ist General Asef Shaukat, der Schwager des syrischen Präsidenten Baschar Assad. Der andere ist der ehemalige libanesische Geheimdienstchef Jamil Sayed. Nach seiner Verhaftung in Beirut wandte er sich hilfesuchend an den BND-Chef. In einem Brief, der dem stern vorliegt, schrieb er in englischer Sprache: "Ich bitte Ihren Nachrichtendienst und vor allem Sie, Dr. Hanning, diese Demütigung, der ich ausgesetzt bin, zu stoppen." Als "freier und wahrlich aufrichtiger Freund" sei er, Sayed, "für Sie hilfreicher und nützlicher. Bitte tun Sie etwas."
Quelle: Pressemitteilung stern