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EU vor Paradigmenwechsel: Waffen für Krisenstaaten?

Archivmeldung vom 11.03.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Ein Waffenlager: Viele davon liefern die Deutschen in alle Kriegsgebiete der Welt und ermöglichen dadurch viele neue Tode (Symbolbild)
Ein Waffenlager: Viele davon liefern die Deutschen in alle Kriegsgebiete der Welt und ermöglichen dadurch viele neue Tode (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Die Europäische Union steht vor einem grundlegenden Wandel ihrer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik: Mit der sogenannten European Peace Facility (EPF) werden erstmals Waffen- und Munitionslieferungen über die EU an Drittstaaten möglich - weltweit. Ein "Paradigmenwechsel", sagen Fachleute. Dem ARD Magazin MONITOR liegt der Entscheidungsentwurf des EU-Ministerrats vor.

Die EPF sei "...ein Instrument zur Stärkung der Kapazitäten von Drittstaaten sowie regionalen und internationalen Organisationen in Militär- und Verteidigungsfragen" heißt es im Entwurf, der am 22. März endgültig beschlossen werden soll. Dies schließe auch Ausrüstung ein, "die in der Gemeinsamen Militärgüterliste der EU aufgeführt ist."

Darin sind explizit "Handfeuerwaffen" erwähnt, aber auch "Geschütze", "Haubitzen" oder "Kanonen". All das dürfte die EU künftig an Krisenländer liefern. Bislang konnten das nur Staaten in eigener Verantwortung, nicht aber die EU. Man wolle "Partner-Länder" so in die Lage versetzen, "ihre Bevölkerung besser schützen" zu können, heißt es in einem EU-Dokument zur EPF.

Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Arnold Wallraff, sieht in der Lieferung von Waffen und Munition einen "echten Paradigmenwechsel", denn die EU sei bislang "immer eine rein zivil-orientierte Zusammenkunft verschiedener Staaten" gewesen.

Rund 5,7 Milliarden Euro stehen der EPF bis 2027 für Friedens- und Militärmissionen und für militärische Hilfen zur Verfügung. Mittel, die später deutlich aufgestockt werden könnten. Welche Länder damit unterstützt werden, ist derzeit noch unklar. Experten vermuten, dass es vor allem die Staaten der Sahel-Zone sein dürften: Mali, Burkina Faso, Niger oder der Tschad etwa. Die EU - auch Deutschland - bildet hier heute bereits Streitkräfte aus.

Kritiker sehen in der Lieferung von Waffen große Gefahren. Sie könnten in die falschen Hände geraten, für Menschenrechtsverstöße genutzt werden und die Regionen so weiter destabilisieren. Man habe ein "robustes Regelwerk" geschaffen, das das verhindere, schreibt ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten auf MONITOR-Anfrage. Dazu gehörten strenge Kontrollen zu deren Verbleib. Dem widerspricht Ex-BAFA-Präsident Wallraff. Bei der Sanktionsregelung zum Endverbleib handele es sich nur um eine "Kann-Bestimmung", die keinesfalls zwingend sei.

Auch Hannah Neumann von den Grünen im EU-Parlament ist davon nicht überzeugt. "Wir wissen dass man relativ einfach auf Papier nachweisen kann, dass man eine vernünftige Kontrolle macht", so die Parlamentarierin gegenüber MONITOR. Das helfe aber nicht zwingend in der Praxis. Sie kritisiert zudem, dass das EU-Parlament bei der EPF weder ein echtes Mitspracherecht noch Kontrollmöglichkeiten habe. Die Entscheidung über die Hilfen treffen alleine die Regierungen der Mitgliedstaaten im Rat. Am 22. März wollen die EU-Außenminister die EPF beschließen.

Das ARD-Magazin MONITOR berichtet darüber ausführlich am Donnerstag um 21.45 Uhr im Ersten.

Quelle: WDR Westdeutscher Rundfunk (ots)


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