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Ökonom: Juristen können EZB-Anleihekäufe nicht beurteilen

Archivmeldung vom 13.06.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.06.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Linda Karlsson  / pixelio.de
Bild: Linda Karlsson / pixelio.de

Der ING-DiBa-Chefvolkswirt Carsten Brzeski ist der Auffassung, dass das Bundesverfassungsgericht keine Aussage darüber machen könne, inwieweit die Anleihekäufe durch die europäische Zentralbank richtig seien. "Wir vergessen immer wieder, dass Volkswirtschaftslehre keine exakte Wissenschaft ist. Es gibt hier nicht richtig oder falsch", so der Chefökonom im Interview mit dem "Deutschlandfunk".

Eine Geradlinigkeit, welche sich die Deutschen bei diesem Sachverhalt wünschen würden, gäbe es in diesem Fall nicht. "Wir werden hier auch wieder zehn Volkswirte in einen Raum setzen können. Wir werden mindestens zehn, wenn nicht sogar elf verschiedene Meinungen bekommen", argumentiert Brzeski.

Des Weiteren fällt die EZB aus seiner Sicht nicht in den Geltungsbereich des Grundgesetzes. An einen Erfolg der Kläger glaubt der Chefvolkswirt nicht. "Ganz ehrlich denke ich, dass es hier in einigen Monaten einfach ein grünes Licht geben wird für die Aktion der EZB", prognostiziert der Ökonom.

Ökonom: EZB muss sich "von Karlsruhe nichts sagen lassen"

Finanzmarktexperte Bert van Roosebeeke ist der Auffassung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) sich nicht nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe richten müsse. Dafür müsse schon ein Einwand des Europäischen Gerichtshofes kommen, so der Ökonom im Deutschlandfunk. "Das Karlsruher Gericht kann letztlich eigentlich nur versuchen, über die Schiene des deutschen Rechts Limits für die EZB einzuziehen", sagte Roosebeeke.

Die Karlsruher Richter müssten deutlich machen, dass Einschnitte in die deutsche Budgethoheit nur bis zu einem gewissen Punkt hinnehmbar sein. Alles was darüber hinaus ginge, gefährde den Verbleib der Bundesrepublik in der Euro-Zone. Das Bundesverfassungsgericht "kann also eigentlich nicht direkt die EZB ansprechen, könnte aber nur rote Linien ziehen, woran die EZB sich dann wahrscheinlich auch halten würde", argumentiert der Finanzexperte.

Ökonom äußert Zweifel an Neutralität der Karlsruher Richter

Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, hat das Bundesverfassungsgericht scharf dafür kritisiert, dass es zu der zweitägigen Euro-Verhandlung ausschließlich Sachverständige geladen hatte, die die Krisenpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ablehnen. Dass in einem Gerichtsverfahren auch die andere Seite gehört werde, unterstreiche normalerweise das Bild von Richtern als abwägende Menschen. "Umso erstaunlicher und ärgerlicher ist, dass die Richter am Bundesverfassungsgericht in ihrer Anhörung zur Legitimität der EZB-Politik in der gegenwärtigen Krise fast ausschließlich Sachverständige aus der Wissenschaft geladen haben, die der EZB Politik sehr kritisch gegenüberstehen", sagte Horn "Handelsblatt-Online".

So sei es nicht überraschend, dass Ökonomen wie Hans-Werner Sinn und der "neoliberale Chicago-Boy" Harald Uhlig, die sich in der Vergangenheit "teilweise extrem ablehnend" zu den Anleihekäufen der EZB öffentlich geäußert hatten, die Richter von dieser Sichtweise zu überzeugen versuchten. "Warum aber hört man nicht die zahlreichen in- und ausländischen Ökonomen, die es für selbstverständlich halten, dass eine Zentralbank wie die amerikanische Fed die Rolle des Gläubigers der letzten Zuflucht einnimmt", fragte Horn.

Nur so sei eine Währung jedoch letztlich zu verteidigen. "Aber genau das wollen vielleicht weder die Sachverständigen noch die Richter", kritisierte der IMK-Chef. Die Liste der Sachverständigen erstellt das Gericht auf Vorschlag der Prozessbeteiligten. Neben Sinn und Uhlig waren noch die Ökonomen Kai Konrad, Clemens Fuest und der frühere Bundesbank-Vize Franz-Christoph Zeitler geladen, die alle als Kritiker des Anleiheprogramms bekannt sind. Lediglich vom Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, konnte sich die EZB Schützenhilfe erhoffen. Fratzscher, der vom Gericht als Sachverständiger nachnominiert worden war, war bis vor kurzem selbst bei der EZB.

Bei den Richtern lässt sich ebenfalls eine zumindest skeptische Grundhaltung zum Euro-Rettungskurs der EZB annehmen. Der zuständige Berichterstatter Peter Huber, ein ehemaliger CDU-Mann, war einer der scharfen Kritiker des Maastricht-Vertrages. Huber war zudem Mitglied des Kuratoriums von "Mehr Demokratie". Der 37.000 Mitglieder umfassende Verein ist einer der Kläger gegen die EZB-Politik.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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