UN-Ankläger kritisiert "Verherrlichung von Kriegsverbrechern"
Archivmeldung vom 22.11.2017
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Freigeschaltet durch André OttDer Chefankläger am Jugoslawientribunals der Vereinten Nationen in Den Haag übt Kritik an den heutigen Politikern auf dem Balkan. "Es ist sehr bedauerlich, um nicht zu sagen schockierend, dass man gerade in den letzten Monaten sieht, wie sehr die Verherrlichung von verurteilten Straftätern in der Region zur Mode wird", sagte UN-Chefankläger Serge Brammertz der "Süddeutschen Zeitung" kurz vor dem Urteil gegen Ratko Mladic, den einstigen General der bosnisch-serbischen Armee.
Im vergangenen Jahr war ein Universitätsgebäude in der serbischen Stadt Pale nach dem früheren serbischen Anführer und Partner von Mladic, Radovan Karadzic, benannt worden - kurz vor der Urteilsverkündung in Den Haag, bei der er wegen Völkermords zu 40 Jahren verurteilt wurde. Vor einigen Wochen war zudem der verurteilte Kriegsverbrecher General Lazarevic an der Militärakademie in Serbien empfangen worden und durfte dort einen Gastvortrag halten. "Man merkt, dass eigentlich unterschwellig viele der Probleme, die vor dem Krieg bestanden, heute immer noch bestehen", sagte Brammertz. Der aus Belgien stammende Jurist ermahnte auch die EU, nicht wegzusehen, wenn auf dem Balkan heute der Geschichtsrevisionismus zunehme.
"Ich habe manchmal den Eindruck, dass viele Politiker im ehemaligen Jugoslawien keine Visionen für die Zukunft haben und deshalb eher versuchen, die Gespenster der Vergangenheit zurückzurufen, um von ihrer eigenen Unfähigkeit abzulenken, ein Land vorwärts zu führen." Serbien ist derzeit EU-Beitrittskandidat. "Es ist nicht an einem Ankläger zu sagen, wer der Europäischen Union beitritt und wer nicht. Aber ich denke doch, dass Rechtsstaatlichkeit einer der Pfeiler der EU sein muss." Im Gerichtssaal in Den Haag ist Brammertz seit fünf Jahren der Gegenspieler des Angeklagten Ratko Mladic. Brammertz amtiert seit 2008 als oberster Strafverfolger der UN für das ehemalige Jugoslawien. Zuvor war er Generalstaatsanwalt von Belgien.
Quelle: dts Nachrichtenagentur