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Militärs und Jung hintergingen Merkel in Kundus-Affäre

Archivmeldung vom 03.02.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.02.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Redaktion Internet Bw
Bild: Redaktion Internet Bw

Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung und sein Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan haben der Bundeskanzlerin frühzeitige Informationen über zivile Opfer des Bombardements von Kundus im September vergangenen Jahres vorenthalten.

Das berichtet das Hamburger Magazin stern in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe. Danach ging ein Bericht von Bundeswehroberst Karl Neumann, den dieser am 6. September nach Deutschland sendete, per Fax am Abend bei Schneiderhans Privatadresse ein. Er leitete ihn an Jung weiter, aber beide informierten Angela Merkel nicht über den brisanten Inhalt. Dem Magazin liegen die Dokumente vor.

Oberst Neumannn war Mitglied des "Initial Action Team" (IAT), einer Nato-Ermittlungsgruppe, die den von Deutschen befohlenen Bombenangriff am 4. September auf zwei von Taliban entführte Tanklaster untersuchte. Laut stern berichtete er in seinem fünf Seiten langen Rapport von zwölf Verletzten im Krankenhaus Kundus, darunter einem zehn- und zwei 14-jährigen Jungen: "Die Namen liegen Isaf vor." US-Kräfte hätten bereits mit der Befragung der Verletzten im Krankenhaus begonnen. Außerdem seien 14 Bewohner aus einer nahegelegenen Ortschaft "bei dem Luftschlag ums Leben gekommen". Es handele sich um Dorfbewohner, die in einer Moschee versammelt gewesen und von Taliban gezwungen worden seien, bei der Bergung der Lkw zu helfen, heißt es weiter in dem Vorabbericht, der wesentliche Elemente des späteren IAT-Berichts zusammenfasste. Diese entscheidenden Details über die blutigste Militäroperation deutscher Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dem Kanzleramt nicht mitgeteilt.

Auch der IAT-Bericht, der am 7. September im Verteidigungsministerium eintraf, wurde dem Kanzleramt nach Recherchen des Magazins vorenthalten, und zwar vom damaligen Staatssekretär Peter Wichert. Erst auf wiederholtes Drängen bekam das Kanzleramt die Berichte - am 10. September, zwei Tage nach Merkels Regierungserklärung zu dem Bombardement. Das Parlament informierte sie überwiegend gestützt auf Pressemeldungen und informelle Recherchen ihrer Berater im Kanzleramt, die laut stern untergeordnete militärische Stellen anrufen mussten. Sowohl Jung als auch Schneiderhan und Wichert sind inzwischen nicht mehr im Amt.

Quelle: stern

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