Nick Clegg: "Wir werden die Leute nie dazu bringen, dass sie die EU lieben"
Archivmeldung vom 04.05.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNick Clegg, der neue Star der britischen Politik, macht sich keine Illusionen über die Europa-Leidenschaft seiner Landsleute. "Wir werden die Leute niemals dazu bringen, dass sie die EU lieben. Und das kann auch nicht das Ziel sein", sagte der Parteiführer der Liberaldemokraten im Interview mit stern.de, der Online-Ausgabe des Hamburger Magazins stern.
Auch er verteidige die EU nicht immer. "Da werden dämliche Dinge entschieden, und sie ist sicher nicht perfekt", meint Clegg. Aber die Union helfe den Bürgern mit vielen kleinen Dingen. Es liege in britischem Interesse, Teil der EU zu sein.
Dass die Griechenland-Krise die EU und vor allem die Eurozone ernsthaft gefährdet, glaubt der Liberaldemokrat nicht. Diese Gefahr heraufzubeschwören sei "völlig übertrieben". Er denke, die EU sei bei der Griechenland-Hilfe "auf dem richtigen Weg". Dass deutsche Firmen ein Hilfspaket für die Griechen schnüren hält Clegg für einen "Akt von erleuchtetem Eigennutz".
In dem Gespräch mit stern.de erneuerte der Parteichef seine Fundamentalkritik an dem britischen Wahlsystem, das die Liberaldemokraten benachteiligt. "Es ist ein abgekartetes Spiel zwischen zwei Parteien (Labour und Torries, d. Red.), die ihren Besitzstand wahren wollen und sich seit Jahren die Macht wie ein Paket hin- und herreichen", sagte Clegg. "Das britische Wahlsystem ist ein Witz." Er ist aber zuversichtlich, das nach der Wahl zu ändern. Es werde sich dann kein Politiker mehr gegen substantielle Änderungen stellen können, prognostiziert Clegg.
Der 43-Jährige hat mit seinen Liberaldemokraten beste Chancen bei der Wahl am kommenden Donnerstag in die Phalanx der beiden großen Parteien einzudringen. Die Partei liegt in Meinungsumfragen in Reichweite der regierenden Labour Party und der konservativen Torries, wird aber wegen des Mehrheitswahlrechts deutlich weniger Mandate erhalten. Dafür wird eine der beiden großen Parteien möglicherweise auf die Liberaldemokraten als Partner zur Regierungsbildung angewiesen sein.
Quelle: stern