Gipfel-Gründer Giscard d'Estaing hält die Tagesordnung des G-8-Treffens für zu lang
Archivmeldung vom 02.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing bezweifelt, dass beim G-8-Gipfel ein vertiefter Meinungsaustausch zwischen den Staats- und Regierungschefs möglich sein wird. Der Mitbegründer der G-8-Treffen sagte dem "Tagessspiegel am Sonntag" mit Blick auf die lange Tagesordnung des Gipfels in Heiligendamm: "Die dort versammelten Staats- und Regierungschefs werden wenig miteinander sprechen können. Das sollten sie aber."
Der
frühere französische Staatschef kritisierte, dass "die
Vorbereitungs-Maschinerie, die zwischen den Gipfeln läuft", seit der
Anfangszeit der Treffen "gewaltig angewachsen" sei. Giscard d'Estaing
hatte 1975 gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt
zum ersten Weltwirtschaftsgipfel nach Rambouillet bei Paris
eingeladen. Die Berichterstattung der Medien über die jährlichen
G-8-Gipfel, die auch die Demonstranten anziehe, bezeichnete er als
übertrieben.
Von den Gipfelteilnehmern in Heiligendamm forderte Giscard
d'Estaing eine eingehende Diskussion über die Globalisierung. "Die
Globalisierung ist gegenwärtig die wichtigste Frage", sagte er. Die
Kritik der Globalisierungsgegner weise auf ein "offenkundiges
Problem" hin, meinte Giscard d'Estaing. Demnach werde die
Globalisierung von den Hauptverantwortlichen in den Industriestaaten
"zwar im Grundsatz befürwortet - aber sie haben dabei kein Ziel vor
Augen".
Angesichts gewaltiger weltweiter Finanztransaktionen oder der
örtlichen Verlagerung von Entscheidungszentren in großen Konzernen
stellt sich nach den Worten von Giscard d'Estaing die Frage: "Soll
man nicht etwas Ordnung in diese Entwicklungen bringen? Oder soll man
der Globalisierung ihren freien Lauf lassen - in dem Wissen, dass die
öffentliche Meinung dagegen ist?".
Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel den Gipfel von Heiligendamm
hauptsächlich dem Klimawandel widme, so sei das Thema "gut gewählt",
sagte Giscard d'Estaing. Allerdings müssten die Staats- und
Regierungschefs "viel klarer sagen, in welchem Umfang sie künftig auf
die Atomenergie zurückgreifen wollen". Als "zentrales Thema"
bezeichnete der Ex-Präsident die Frage, ob sich unter den
Industriestaaten eine gemeinsame Position zur Atomkraft finden lasse.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel