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Weltweite Proteste begleiten Eröffnung der Eisenbahnlinie nach Lhasa

Archivmeldung vom 30.06.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.06.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

International Campaign for Tibet Deutschland (ICT) hat heute die bevorstehende Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie nach Lhasa am 1. Juli scharf kritisiert. "Das Milliardenprojekt dient allein dem Zweck politischer Kontrolle Tibets und birgt die Gefahr der Militarisierung einer ganzen Region", zeigte sich die Organisation besorgt.

Ferner ermögliche das Infrastrukturprojekt den leichteren Zuzug von Chinesen nach Tibet, die mit besonderen Anreizen gelockt würden. "Ziel dieser Siedlungspolitik ist offenbar, die tibetische Kultur in Tibet zu unterminieren und an den Rand zu drängen", so ICT weiter. Tibeter weltweit protestieren mit öffentlichen Aktionen gegen die Prestigeprojekt Pekings. Berichten zufolge soll sich auch Staatspräsident Hu Jintao an Bord des ersten Passagierzuges nach Lhasa befinden.

Mit ungewöhnlicher Offenheit hatte vor kurzem ein hoher Funktionär Pekings eingestanden, dass der Bau der Bahnlinie nicht aus wirtschaftlichen, sondern aus politisch-strategischen Gründen erfolge. Die Kosten des Baus übersteigen mit rund 3,25 Milliarden Euro die gesamten Ausgaben für Gesundheit und Bildung, die in Tibet seit 1952 getätigt wurden. Profiteure der Bahnstrecke werden vor allem Chinesen und wenige Tibeter in den urbanen Zentren Tibets sein. "Die breite Masse der Tibeter lebt in ländlichen Gegenden und wird von den Vorzügen dieser Bahnlinie völlig unberührt bleiben. Der Markt in Tibet ist auch zu klein, um die Kosten des Projekts in absehbarer Zeit zu amortisieren", sagte ICT-Geschäftsführer Müller. Und: "An keiner Stelle wurde die tibetische Bevölkerung in Planung oder Bau der Strecke ernsthaft einbezogen." Es könne daher keine Rede davon sein, dass es sich um ein Entwicklungsprojekt handele, das die Lebensbedingungen der betroffenen Bevölkerung verbessere und zudem wirtschaftlich Sinn mache.

Beobachter befürchten, dass die Bahnlinie zu einer Destabilisierung der Region führen könne, wenn Peking sie vorwiegend für militärische Zwecke nutzt. China hat entlang der Strecke bis zu 160 seiner landgestützten Nuklearraketen stationiert. Mit Hilfe der Eisenbahnlinie könnten diese und weiteres Rüstungsmaterial, darunter auch Mittelstreckenraketen, einfacher nach Zentraltibet verlegt werden.

Ferner steht zu befürchten, dass die Bahnlinie Chinas aggressive Siedlungspolitik in Tibet verstärken wird. Durch finanzielle Anreize und andere Vergünstigungen werden viele Chinesen nach Tibet gelockt, um letztlich das Ziel der Chinesen, die Zurückdrängung tibetischer Kultur in Tibet zu erreichen. "Mit der Bahnlinie wird der Zuzug vereinfacht. Das könnte das Ende der tibetischen Kultur sein", so Müller abschließend.

Ein neuer ICT-Bericht - "Political repression intensifies as Tibet railway opens" - vom 30. Juni 2006 kann auf www.savetibet.de eingesehen werden.

International Campaign for Tibet setzt sich seit 1988 für die Menschenrechte und das Selbstbestimmungsrecht des tibetischen Volkes ein. Die Organisation verfügt über Büros in Washington D.C., Amsterdam und Berlin.

Quelle: Pressemitteilung International Campaign for Tibet - Deutschland e.V.

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