Amnesty International gegen Boykott der Fußball-EM in Ukraine
Archivmeldung vom 04.05.2012
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Menschenrechtsorganisation Amnesty International hält einen Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine, wie von der EU-Kommission angekündigt, für falsch. "Aber Politiker und Sportfunktionäre, die in die Ukraine reisen, müssen die Gelegenheit nutzen, um auf die schweren Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen und von der ukrainischen Regierung einen besseren Menschenrechtsschutz fordern", sagte der Generalsekretär von Amnesty-Deutschland, Wolfgang Grenz, "Handelsblatt-Online". "Auch Sportler und Fans sollten sich überlegen, wie sie für Menschenrechte in der Ukraine eintreten können." Dabei dürfe es aber nicht nur um die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko gehen.
"In der Ukraine werden regelmäßig Festgenommene von der Polizei geschlagen, es gibt Berichte über Folter zur Erpressung von Geständnissen", sagte Grenz weiter. Menschen, die Polizeiübergriffe oder Korruption anprangerten, würden mit konstruierten Anschuldigungen überzogen und mit Gewalt bedroht. "Die ukrainische Regierung muss sich dabei auch an ihren eigenen Zusagen messen lassen: Die angekündigte Polizeireform muss endlich in die Tat umgesetzt werden, damit den weitverbreiteten Misshandlungen und der Folter in Polizeigewahrsam ein Ende gesetzt werden."
Wie der Amnesty-Generalsekretär sagte, ruft seine Organisation generell nicht zum Boykott von Veranstaltungen wie der EM oder dem Eurovision Song Contest auf. "Welcher Schritt jeweils der richtige ist, um Menschenrechtsverletzungen anzusprechen und Druck auf die Regierungen auszuüben, damit diese die Rechte ihrer Bürger achten, hängt vom Einzelfall ab", sagte Grenz. Aber es dürfe nicht sein, dass Folter, Zensur und Unterdrückung von Oppositionellen einfach ignoriert würden. Die Tatsache, dass solche Großveranstaltungen den Blick auf diese Länder lenkten, reiche allein für eine Verbesserung nicht aus. "Es gibt keinen Automatismus nach dem Motto: Austausch und internationale Gäste werden schon dafür sorgen, dass es positive Entwicklungen gibt", sagte Grenz. So habe zwar das Internationale Olympische Komitee (IOC) immer argumentiert, dass allein das Stattfinden der Olympischen Spiele in China bereits einen positiven Effekt haben werde. Doch: "Dieser Effekt ist nicht eingetreten."
Quelle: dts Nachrichtenagentur