Europapolitiker Verheugen: Deutschland mitverantwortlich für Krise der EU
Archivmeldung vom 12.05.2017
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Freigeschaltet durch André OttScharfe Kritik an der EU hat der frühere Vizepräsident der Europäischen Kommission und EU-Kommissar Günter Verheugen geübt. In einem Interview mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "neues deutschland" fällt der SPD-Politiker ein schonungsloses Urteil: "In der Form, wie wir sie heute haben, ist die Europäische Union nicht überlebensfähig." Verheugen macht dafür auch die Bundesrepublik verantwortlich: "Was die politischen Hauptströmungen hierzulande nicht sehen wollen, ist, dass Deutschland am derzeitigen Zustand der EU ein gehöriges Maß an Mitverantwortung trägt."
Seit Jahren versuche die deutsche Politik, die EU an bestimmte finanzpolitische Dogmen der Berliner Finanzpolitik zu ketten, erklärt der engagierte Europapolitiker und verweist auf die deutsche Verantwortung dafür, "dass insbesondere in einigen südlichen Mitgliedsländern Wachstumschancen nicht genutzt werden können und es im Ergebnis erhebliche soziale Verwerfungen gibt".
Die deutsche Politik müsse endlich auf die Partner in der Europäischen Union zugehen, gerade auch auf Frankreich, fordert Verheugen. Eine Weltordnung, die wirklich die Lösung globaler Probleme schaffen könne, bekomme man nur zustande, wenn der Kontinent Europa als eine Einheit auftrete. "Aber die EU", so Verheugen, "bringt das gemeinsame Gewicht, das wir tatsächlich haben, überhaupt nicht auf die Waagschale." Die EU mache ja nicht einmal den Versuch, eine eigene Stimme zu erheben - zum Beispiel, wenn US-Präsident Trump ohne UNO-Mandat Krieg führe. "Die EU sagt dann das sei verständlich. Für mich ist das nicht verständlich", betont der 73-Jährige.
Quelle: neues deutschland (ots)