Google Buchsuche - Zypries verteidigt Autoren und Verleger gegen Google vor US-Gericht
Archivmeldung vom 02.09.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAuf Initiative der Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries wurde gestern Abend der Amicus-Curiae-Schriftsatz der Bundesregierung im Rechtsstreit um die Google Buchsuche bei dem zuständigen New Yorker Gericht eingereicht.
Noch bis 4. September 2009 können Einwände und Bedenken gegen den zwischen amerikanischen Autoren- und Verlegerverbänden und Google vereinbarten Vergleich (dem sog. Google Book Settlement) vorgebracht werden. Nach dem sogenannten Fairness-Hearing am 7. Oktober, bei dem auch die Bundesregierung vertreten sein wird, entscheidet das Gericht darüber, ob der angestrebte Vergleich als fair, angemessen und vernünftig gebilligt wird und damit wirksam werden kann.
"Wir hoffen, dass das New Yorker Gericht die Billigung des Vergleichs insgesamt ablehnt oder zumindest unsere deutschen Autoren und Verleger aus der so genannten "class" herausnimmt, damit die Folgen des Vergleichs sie nicht treffen. Die deutschen Rechtsinhaber könnten dann selbst entscheiden, ob und welche Rechte sie Google einräumen", erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in Berlin.
"Der Bundesregierung geht es vor allem darum, das Gericht über die transatlantischen Auswirkungen des Vergleichs zu informieren. Es ist keineswegs so, dass der Vergleich nur Auswirkungen in den USA hätte. Auch deutsche Rechtsinhaber und Anbieter von vergleichbaren Online-Diensten sind betroffen. Zwar darf Google nach dem Vergleich ohne Einwilligung der Rechtsinhaber nur vergriffene Bücher online zur Verfügung stellen, und dass auch nur in den USA. Wir wissen aber alle, dass das Internet keine Grenzen kennt. Auch wenn deutsche IP-Adressen für den Zugang gesperrt sind, ist der Zugriff aus Deutschland ohne großen Aufwand möglich," so die Bundesjustizministerin weiter. "Zudem legalisiert der Vergleich das Digitalisieren von urheberrechtlich geschützten Büchern aus aller Welt. Nach dem Motto "Erst tun und dann fragen" verschafft sich Google auch in Deutschland einen erheblichen Wettbewerbsvorteil. Die digitalen Kopien werden nämlich auch zur Beantwortung von Suchanfragen aus Deutschland verwendet. Google bietet damit in Deutschland einen Service an, der nach deutschem oder europäischem Recht nur nach vorheriger Einholung der Einwilligung der Rechtsinhaber entwickelt werden kann. Andere Entwicklungen wie EUROPEANA und www.libreka.de geraten so ins Hintertreffen."
Google hat in den USA seit 2004 ohne vorherige Zustimmung der Rechtsinhaber Bücher aus US-amerikanischen Bibliotheken gescannt: Die digitalen Kopien nutzt Google für den Aufbau einer Datenbank (sog. "Google Books"-Projekt). Unter den gescannten Büchern befindet sich auch eine Vielzahl von Büchern deutscher Autoren. Amerikanische Autoren- und Verlegerverbände haben wegen der Verletzung von Urheberrechten gegen Google geklagt. Bei dieser Klage handelt es sich um eine sog. "class action", die das deutsche Recht nicht kennt. Die Entscheidung bei einer "class action" wirkt nicht nur für die Parteien des Rechtsstreits, sondern für alle Mitglieder einer "class". Die Prozessparteien beabsichtigen, den Rechtsstreit durch einen Vergleich beizulegen. Dieser muss allerdings noch am 7. Oktober 2009 vom Gericht abschließend gebilligt werden. Der Vergleichstext sieht vor, dass Google in Zukunft die digitalisierten Werke in verschiedener Weise nutzen darf. Der sogenannte "display use" erlaubt Google den Verkauf des Online-Zugangs für Bücher in den USA, bei vergriffenen Werken sogar ohne ausdrückliche Einwilligung der Rechtsinhaber, wobei die Entscheidung, ob ein Buch vergriffen ist, letztlich Google trifft. An den Einnahmen sollen die Rechtsinhaber, die sich bei der eigens zur Abwicklung des Vergleichs eingerichteten Registrierstelle anmelden, zu 63 % beteiligt werden. Für die erfolgte Vervielfältigung der Bücher muss Google eine Vergütung in Höhe von 60 USD/Buch an die Rechtsinhaber zahlen. Von diesen Regelungen sind auch die deutschen Autoren und Verleger betroffen, obwohl diese durch die klagenden Verbände nicht repräsentiert wurden.
Die Bundesregierung stellt mit dem Schriftsatz klar, dass der Vergleich ihrer Auffassung nach gegen internationale Verträge wie die Revidierte Berner Übereinkunft und den WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT) verstößt. Nach diesen internationalen Verträgen setzt eine Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke zwingend die vorherige Zustimmung des Rechtsinhabers voraus. Auch ist nach Ansicht der Bundesregierung weder das Gerichtsverfahren vor dem New Yorker Gericht noch der Vergleichsvorschlag wirklich repräsentativ, denn neben Google sind an diesem Verfahren nur Vereinigungen beteiligt, die ausschließlich amerikanische Autoren und Verleger repräsentieren. Die Interessen der deutschen Autoren und Verleger sind bei den Vergleichsverhandlungen daher bislang nicht vertreten worden, obwohl der Vergleich Auswirkungen auf die ganze Welt hat. Zudem würde der Vergleich Google Nutzungsrechte in einem Umfang verschaffen, die es bei ordnungsgemäßem Vorgehen niemals bekommen hätte. Derart umfassende Auswirkungen müssen - so die Bundesregierung - in einem fairen Verfahren geklärt werden, bei dem die Belange aller betroffenen Autoren und Verlage sowie die Interessen der Nutzer unter Berücksichtigung der nationalen und internationalen Auswirkungen in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Das könne jedoch die vergleichsweise Beilegung in einem US-amerikanischen Gerichtsverfahrens nicht leisten.
Quelle: Bundesministeriums der Justiz