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Medien: Mehr als ein Dutzend "Anwerberinnen" locken Mädchen aus Deutschland zum Islamischen Staat

Archivmeldung vom 25.06.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.06.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Burka Bild: Alfredo Miguel Romero, on Flickr CC BY-SA 2.0
Burka Bild: Alfredo Miguel Romero, on Flickr CC BY-SA 2.0

Junge Frauen werden gezielter und systematischer für den selbsternannten Islamischen Staat angeworben, als bislang bekannt. Das ergeben Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung. Laut Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz sind den deutschen Sicherheitsbehörden mittlerweile "rund ein Dutzend Anwerberinnen" bekannt, die Frauen aus Deutschland für den IS rekrutieren. Die Dunkelziffer sei noch höher.

Gezielt suchen die "IS-Anwerberinnen" nach jungen Frauen, um sie mit "IS-Kämpfern" zu verheiraten. Die oft Minderjährigen sollen dem Kalifat Kinder gebären. Die Anwerbung läuft über soziale Netzwerke. So werden offenbar Facebookprofile junger Mädchen gezielt durchsucht: "Es ist so, dass diese jungen Frauen die Lebenswirklichkeiten und Lebensträume potenzieller Personen kennen und versuchen, genau darauf zu reagieren.", beschreibt Dr. Marwan Abou-Taam, Islamwissenschaftler des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz, die Strategie der "Anwerberinnen".

Den Reportern von WDR, NDR und SZ liegen Chatprotokolle vor, die zeigen, dass die "Anwerberinnen" ebenso subtil wie manipulativ auf ihr Gegenüber einwirken. Eine 21-jährige aus dem Rheinland beschreibt in ihren Nachrichten an eine junge Frau den Islamischen Staat als heile Welt mit selbstgebackenen Kuchen und spielt gleichzeitig die alltäglichen Bombenangriffe herunter.

Nach WDR/NDR/SZ-Recherchen geht das Netzwerk dabei grenzüberschreitend vor: So gibt es offenbar eine Zusammenarbeit von bereits nach Syrien und den Irak ausgereisten Frauen und in Deutschland agierenden Unterstützerinnen. Ein internes Papier der deutschen Sicherheitsbehörden spricht von einem "Mädchennetzwerk". Die "Anwerberinnen" innerhalb dieses Netzwerkes unterstützen die Frauen nach erfolgreicher Rekrutierung unter anderem bei den Vorbereitungen für die Ausreise und bieten logistische Hilfe an. Sie geben Tipps, um die Abreise und die Beweise für die Rekrutierung zu verschleiern, empfehlen Routen und vermitteln Kontakte an den verschiedenen Zwischenstationen in den IS. Rund 100 Frauen aus Deutschland sollen bislang dorthin gereist sein. Mehr als die Hälfte war zum Ausreisezeitpunkt jünger als 25 Jahre, etwa jede sechste sogar minderjährig.

In Syrien werden die Frauen bereits erwartet: Die Recherchen belegen, dass der Islamische Staat in der syrischen Metropole Raqqa ein schwerbewachtes Frauenhaus betreibt. Mehrere Quellen berichten, ankommende Frauen würden dorthin gebracht, eingesperrt und ihren zukünftigen Ehemännern zugeführt.

"Im Grunde genommen sind sie nur sexuelle Verfügungsmasse. Sie sitzen den ganzen Tag zuhause, langweilen sich, dürfen nichts tun ohne die Erlaubnis des Ehemanns", beschreibt Claudia Dantschke die Realität vor Ort. Die Leiterin der Islamismus-Beratungsstelle "Hayat" betreut die Angehörigen von mehr als 150 ausgereisten Dschihadisten: "Meistens sitzen sie da und chatten mit Mädchen. Weitere Mädchen zu rekrutieren ist dann ihre neue Rolle, ihre neue Erfüllung. Ein Schneeballeffekt."

Mehr zu den Recherchen von WDR,NDR und SZ in der ARD-Sondersendung "Bräute für das Kalifat. Wie der IS deutsche Mädchen anwirbt", Donnerstag, 22.45 Uhr, ARD

Experte Steinberg rechnet mit weiterem Zulauf junger Frauen zum IS

Der Terrorismusexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg, rechnet mit einem weiteren Anstieg der Zahl junger Frauen, die mit islamistischen Motiven nach Syrien und in den Irak ausreisen, und hat eine Vernachlässigung dieser Entwicklung beklagt. "Ich würde davon ausgehen, dass der Frauenanteil unter denen, die jetzt ausreisen, viel höher ist als 10 oder 15 Prozent", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Und ihre Rolle wird häufig unterschätzt." Generell lasse sich "immer wieder feststellen, dass totalitäre Ideologien auch für Frauen attraktiv sind - etwa der Kommunismus oder der Nationalsozialismus. Ich sehe nicht, warum der Dschihadismus nicht genau so attraktiv sein sollte." Steinberg fügte hinzu, in den Hoheitsgebieten des IS gebe es "heute einen Quasi-Staat und ein funktionierendes Gemeinwesen, in dem Frauen auch eine Rolle spielen können". Dies gelte bei der Verbreitung der Ideologie oder bei der Finanzierung; das sei anfangs anders gewesen. Zuvor hatte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, erklärt, dass der Anteil der jungen Frauen von 70 an 680 deutschen Ausreisern auf 100 von nun 700 Ausreisern gestiegen sei. Darunter sind über 50 Prozent jünger als 25 Jahre und zirka 15 Prozent minderjährig.

Quelle: WDR Westdeutscher Rundfunk - Mitteldeutschen Zeitung (ots)

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