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Der Tagesspiegel: Sicherheitsexperten: Inzwischen 75 Anschläge pro Tag

Archivmeldung vom 17.09.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.09.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mit wachsender Sorge beobachten deutsche Sicherheitsexperten die Lage im Irak. Die Zahl der Anschläge pro Tag liege im Durchschnitt inzwischen bei 75, hieß es am Freitag im Umfeld der Bundesregierung. Außerdem sei eine weitere Zunahme der Attentate zu erwarten. Und im Oktober gebe es gleich drei Anlässe für die Terrorszene, noch härter als bisher zuzuschlagen.

Erstens: Mitte Oktober soll die Bevölkerung über den Verfassungsentwurf abstimmen, den ein Ausschuss des Übergangsparlaments im August fertiggestellt hat. Die Volksgruppe der Sunniten lehnt das Papier ab, weil sie die Vorherrschaft von Schiiten und Kurden befürchtet. Damit haben die Terroristen, die meist im so genannten sunnitischen Dreieck im Zentralirak agieren, zusätzlich Auftrieb. Zweitens: Ebenfalls im Oktober beginnt der Prozess gegen Saddam Hussein. Eine Zunahme der Anschläge, die aus den Reihen der militanten Anhänger des gestürzten Diktators verübt werden, sei nahezu unausweichlich, sagte ein Sicherheitsexperte. Aber auch islamistische Terroristen, die sich zumindest punktuell mit den Saddam-Leuten und anderen irakischen Nationalisten zusammentäten, würden vermutlich mit Attentaten den Prozessauftakt "begleiten". Dritter Anlass für eine Steigerung der terroristischen Aktivitäten sei der Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan Anfang Oktober, hieß es in Sicherheitskreisen. Im Ramadan, der für die muslimische Welt eine starke emotionale Bedeutung hat, würden schwere Anschläge vermeintlicher "Märtyrer" noch mehr Aufmerksamkeit erregen. Die Zahl der Attentate war im Irak nach den Ende Januar abgehaltenen Wahlen zum Übergangsparlament auf täglich 60 gesunken. Vor dem Urnengang hatten Terroristen jedoch bis zu 120 Anschläge pro Tag verübt. Eine ähnliche Eskalation sei für die kommenden Wochen zu befürchten, hieß es in Sicherheitskreisen. Die verheerenden Attentate der vergangenen Tage bestärken die Experten in ihren pessimistischen Prognosen. Allein bei einem Anschlag am Mittwoch in Bagdad starben mindestens 114 Menschen. Die zu erkennende Koordination der seit Mittwoch verübten Anschläge lasse die Handschrift des Jordaniers Abu Mussab al Sarkawi erkennen, sagte ein Sicherheitsexperte. Sarkawi bombt im Irak im Namen von Al Qaida. In dieser Woche hatte mutmaßlich Sarkawi in einer Tonbandnachricht den "totalen Krieg" gegen die Schiiten erklärt.

Quelle: Pressemittelung Der Tagesspiegel

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