Gefahr durch explosive Kriegshinterlassenschaften im Libanon wächst täglich
Archivmeldung vom 25.08.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlZehn Tage nach Beginn des Waffenstillstandes wird das wahre Ausmaß der Bedrohung durch explosive Kriegshinterlassenschaften im Libanon zur schrecklichen Gewissheit. Besonders nicht explodierte Streumunition, so das Mine Action Co-Ordination Center - South Libanon (MACC SL) der Vereinten Nationen, bereitet den Hilfskräften vor Ort große Probleme.
"Täglich werden neue kontaminierte Gebiete bekannt und
dementsprechend steigt auch die Zahl der Opfer von Streumunition",
beklagt Martin Glasenapp von medico international. Der
Nahostkoordinator der Frankfurter Hilfsorganisation fordert Israel
auf, die Abwurfstellen von Streumunition bekannt zu geben und so
weitere Opfer zu vermeiden.
MACC SL lokalisierte bis zum 22. August 227 Gebiete, die mit Streumunition bombardiert wurden und vermeldete innerhalb eines Tages einen Anstieg auf 249 Gebiete. Mindestens 60 % des Südlibanon, so MACC SL, sind mit Blindgängermunition kontaminiert. In den wenigen Tagen seit Beginn des Waffenstillstandes sind bereits mindestens 46 Menschen Blindgängermunition zum Opfer gefallen. Räumteams vor Ort haben seitdem annähernd 2.000 Streumunitionsblindgänger entschärft bzw. beseitigt.
"Angesicht der Situation im Libanon ist es fast zynisch zwischen
ungefährlicher und gefährlicher Streumunition unterschieden zu
wollen", kommentiert Thomas Küchenmeister vom Aktionsbündnis
Landmine.de die gegenwärtigen rüstungskontrollpolitischen Bemühungen
der Bundesregierung. "Es ist offensichtlich," so Küchenmeister, "dass
jeder dritte Streumunitionsblindgänger im Libanon von angeblich
ungefährlicher Munition verursacht wird."
Das Aktionsbündnis verweist dabei auf einen aktuellen Antrag der Regierungskoalition (Gefährliche Streumunition verbieten, Drucksache 16/1995), über den das Parlament im September 2006 entscheiden soll. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert "auf gefährliche Streumunition" (mit hoher Blindgängerquote) zu verzichten. Als ungefährlich erachtete Streumunition, deren Funktionszuverlässigkeit laut Regierungskoalition modernen Standards von mindestens 99% entspricht, soll weiter eingesetzt und produziert werden dürfen.
"Dieser Antrag greift eindeutig zu kurz", beklagt Küchenmeister
und lehnt eine unzuverlässige technische Lösung für ein humanitäres
Problem ab. Die im Aktionsbündnis Landmine zusammengeschlossenen
Nichtregierungsorganisationen fordern deshalb ein Verbot aller
Streumunitionen. Das Bündnis ruft alle Fraktionen des Deutschen
Bundestages dazu auf, von der Bundesregierung ein eindeutiges Verbot
aller Streumunitionen einzufordern und damit auch die Bemühungen um
umfassende Verbotsregelungen im Rahmen der VN-Waffenkonvention zu
unterstützen.
Quelle: Pressemitteilung Aktionsbündnis Landmine.de